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Klare Verhältnisse: „Bei Politikern weiß ich wenigstens, woran ich bin“

Der frühere Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz hat nichts gegen Parteienvertreter in Sendergremien. Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Brender hatte deren Rückzug gefordert.

Herr Elitz, Sie waren Fernsehchefredakteur des Süddeutschen Rundfunks und Intendant des Deutschlandradios. Wie oft haben Politiker bei Ihnen angerufen?

Das hat sich in Grenzen gehalten. Zuletzt rief mich dringend der bedeutende Ministerpräsident eines Bundeslandes an, um sich über kritische Äußerungen zu beschweren, die ein bedeutendes Mitglied seines Landesparlaments im Deutschlandfunk gemacht hatte. Ich habe mir das angehört. Ihm Mut zugesprochen. Und ihm gesagt: Lässt sich leider nicht ändern. Ich glaube, der Ministerpräsident war froh, dass ihm jemand zugehört hatte. Insoweit sind bei Politikeranrufen immer auch psychotherapeutische Fähigkeiten gefragt.

Und wenn es um die Besetzung von Führungspositionen ging?

Sicher gab es – nicht am Telefon, sondern in persönlichen Gesprächen – gelegentlich politische Vorstellungen über bestimmte Personalbesetzungen. Ich habe mit meinen Argumenten überzeugt. Und kann hier reinen Gewissens sagen: Bei meinem Abgang beim Deutschlandradio waren alle leitenden Positionen so besetzt, wie ich das wollte. In einem Fall ging Zoff voraus. Na und? Wer sich nicht zutraut, sich durchzusetzen, sollte keine Führungsposition anstreben.

Beim ZDF wurde Chefredakteur Nikolaus Brender vom Unions-dominierten Verwaltungsrat ums Amt gebracht.

Man muss mal mit der Legende aufräumen, dass der Verwaltungsrat des ZDF mehrheitlich mit Politikern besetzt ist. Gegen die Verlängerung des Brender-Vertrages haben nicht nur Politiker gestimmt, sondern auch die Vertreter von Verbänden etc. Beim ZDF liegt das Problem doch tiefer: Es wurde schon in Zeiten Kohls als Verwaltungsratsvorsitzender in Absprache mit der SPD beschlossen, dass die Position des Programmdirektors immer auf Vorschlag der CDU, die des Chefredakteurs immer auf Vorschlag der SPD erfolgt. In seinen Erinnerungen hat der frühere ZDF-Chef Dieter Stolte dargelegt, dass dadurch hervorragende Leute keine Chance hatten, an die Spitze zu kommen.

Brender fordert jetzt: Alle Politiker raus aus den Gremien!

Das ist Quatsch! Ich möchte keinen Rundfunk, in dem nur die Vertreter von Kirchen, von Gewerkschaften, Unternehmer- und Vertriebenenverbänden und was es sonst noch so gibt, den Intendanten wählen. Diese Vertreter haben keinerlei repräsentatives Mandat. Sie betreiben in vielen Fällen Klientelpolitik – und rufen auch an! Nehmen Sie mal den Sport. Da sitzen Sportvertreter in den Gremien. Und die Sender machen mit den Vereinen ihre Deals. Da entstehen doch ganz andere Abhängigkeiten. Bei Politikern weiß ich wenigstens, woran ich bin. Die anderen Gremienvertreter haben auch eine politische Grundausrichtung. Aber weniger offen. Es wäre blauäugig, in ihnen Säulenheilige der politischen Unabhängigkeit zu sehen.

Der CSU-Sprecher Strepp ruft beim ZDF an, um die Berichterstattung über die bayerische SPD zu beeinflussen. Das ZDF berichtet trotzdem. Was stimmt an dieser Darstellung Ihrer Meinung nach nicht?

Ich war nicht dabei. Und ich misstraue auch Journalisten, wenn sie sich in eigener Sache äußern. Im Falle Strepp hätte schon jeder Volontär sagen müssen: Danke für Ihren Anruf! Aber was wir senden, entscheidet die Redaktion! Dass das ZDF da so ein Trara macht, lenkt doch davon ab, wo bei diesem Sender das Grundproblem liegt: bei der zu Kohls Zeiten getroffenen Absprache. Und da sind auch die sogenannten Unabhängigen in den Sendern noch nicht gegen aufgestanden. Das bleibt Sache der Öffentlichkeit.

Das Interview führte Joachim Huber.

Ernst Elitz arbeitete für den „Spiegel“, das ZDF in Berlin und als Fernsehchefredakteur für den Süddeutschen Rundfunk. Von 1994 bis 2010 war er

Intendant des Deutschlandradios.

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