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Medien: „Kleiner gemeinsamer Nenner“

Zeitungsverleger: Beschränkungen für Pressefusionen lockern

Die Zeitungsverleger haben Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) empfohlen, die Wettbewerbsregeln für die Presse zu lockern. Mehrere Stunden hatten die Mitglieder des erweiterten Präsidiums des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) am Mittwochabend diskutiert, bevor sie sich zu einer Position durchgerungen haben: Verlagsfusionen sollen ihrer Ansicht nach künftig erst bei einem jährlichen Umsatz beider Unternehmen ab 100 Millionen Euro vom Kartellamt geprüft werden. Bisher liegt die Schwelle bei 25 Millionen Euro. Wenn eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen Umsatzerlöse von weniger als zehn Millionen Euro erzielt, soll die Fusionskontrolle entfallen.

Im BDZV wird die Empfehlung als „nicht kleinster, aber kleiner gemeinsamer Nenner“ bezeichnet. Weiter reichendere Liberalisierungsvorschläge – zum Beispiel mehr Koopertionsspielraum auf Verlagsebene – scheiterten vor allem an der Angst vieler Verleger, dass darauf Presserechtsrahmengesetze folgen könnten: Die Politik könnte im Gegenzug Aufsichtsgremien installieren, die über die redaktionelle Unabhängigkeit der Zeitungen wachten. In der BDZVPressemitteilung heißt es dazu: Der Verband lehne jede Form der Mitwirkung „externer Kräfte“ bei fusionierten Zeitungsverlagen ab.

Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte das Papier angeregt. Im Sommer forderte er die Verleger auf, eigene Vorstellungen zur Reform der Pressefusionskontrolle vorzulegen. Angesichts der Krise des Zeitungsmarktes hatten die Verleger eine Liberalisierung der Bestimmungen verlangt, die seit 1976 gelten. Damals wurde das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) extra für Medienunternehmen verschärft: Während normalerweise bei Fusionsvorhaben ab einem Volumen von 500 Millionen Euro eine Kartellamtsprüfung vorgeschrieben ist, liegt die Schwelle für Verlage bei 25 Millionen.

Eine gemeinsame Position der Verleger zu finden, war schwierig, denn ihre Standpunkte sind vielfältig. So plädiert die Verlagsgruppe Holtzbrinck dafür, die Kartellamtsprüfung auf eine breitere Grundlage zu stellen. Bislang werden die Märkte für Abonnement-, Boulevardzeitungen, Radio und Fernsehen bei der Prüfung auf marktbeherrschende Stellung getrennt betrachtet. Holtzbrinck will die Grenzen aufheben. Der Bayerische Staatsminister Erwin Huber (CSU) sagte dagegen, er wolle die Pressefusionskontrolle so belassen, wie sie ist.

Der Medienforscher Horst Röper sieht die „Regionalzeitungsverlage“ als Profiteure der BDZV-Empfehlung. „Große Häuser, die eine Änderung der Pressefusionskontrolle anregten, liegen auch über dem neuen Wert von 100 Millionen.“

Die wettbewerbsrechtliche Prüfung eines Zusammenschlusses der Verlagsbereiche von Berliner Verlag und Tagesspiegel wäre nicht anders ausgefallen, wenn das Verleger-Papier damals Gesetz gewesen wäre.

Noch am Mittwochabend ließ der BDZV seine Empfehlungen Clement zukommen. Eine Entscheidung über eine Novellierung der Pressefusionskontrolle wird in den kommenden Monaten erwartet. Das GWB muss ohnehin bis zum 1. Mai mit den EU-Richtlinien harmonisiert werden. In diesem Zusammenhang möchte Clement mögliche neue Regelungen für die Presse finden. nol

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