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Blut ist dicker als Wasser. Schwester Rike (Anke Engelke) will ein Fischrestaurant in der Regensburger Altstadt aufmachen und braucht dafür eine Bürgschaft über 70 000 Euro. Als ob Ellen  Lucas (Ulrike Kriener, r.) mit dem Mordfall nicht genug um die Ohren hat. Foto: ZDF

© Bernd Schuller

Krimi und mehr: Das ist Porno

„Kommissarin Lucas“ legt sich mit Bankern, der Schwester und Vorgesetzten an. Das ist viel - aber nicht zu viel.

Zweimal im Jahr kriegt Regensburg den Blues. Man müsste mal den Tourismusverein dort fragen, was er zu „Kommissarin Lucas“ sagt. Die kehrt seit ihrer Versetzung aus Köln 2002 in der schönen Stadt an der Donau die düsteren Seiten hervor. Ein reizvoller Kontrast. Seitdem der Mann der Ermittlerin gestorben ist, geht die Lucas alias Ulrike Kriener mit einer Unerbittlichkeit auf Mördersuche, mit einer Bereitschaft zur moralischen Entrüstung, die einzigartig ist im deutschen Kommissarinnenwesen. „Bella Block“/Hannelore Hoger ist ein Schnurrkätzchen dagegen, wenn Ellen Lucas den Verdächtigen anfaucht, man könne ihn auch gleich aufs Revier mitnehmen, wenn er weiter so rumschweige.

Zeit, das zu rühmen. 2011 gehört zu einem besonders guten Jahrgang dieses Formats. Nach Schriftsteller und Autor Friedrich Ani („Am Ende muss Glück sein“) im April hat sich nun Ralf Huettner, der 2011 für „Vincent will Meer“ den Deutschen Filmpreis erhalten hat, der Serie angenommen. In „Gierig“, dem 15. Fall, bekommt es die Soko Regensburg mit kriminellen Bankern und einer Steuer-CD zu tun, die deutschen Finanzbehörden zugespielt werden soll. 2010 gab es Ähnliches hierzulande. Noch eine Stärke dieses Krimis: die Fälle werden auffällig oft von der Realität geliefert.

Die Angestellte einer Regensburger Privatbank wird tot aus der Donau gefischt. Gerade hatte sie den bayerischen Behörden Daten mit deutschen Kunden einer Schweizer Bank für zwei Millionen Euro angeboten. Die Daten-CD und ihr Computer verschwinden jedoch. Kollege Christian Wittbach (Devid Striesow) scheint seine Finger im Spiel zu haben, genauso wie ein cholerischer Großkunde der Bank, der um seinen Ruf fürchtet. Lucas muss in einem Sumpf aus Politik und Bankenwesen ermitteln und dabei über manche Dienstanweisung hinweggehen. Darf man sich, um Steuerhinterzieher zu fassen, auf Geschäfte mit Betrügern oder gar Mördern einlassen? Es geht in diesem Krimi um Gier, um Maßlosigkeit. „Es gibt Autos mit zwölf Zylindern, die gerne gekauft werden“, sagt Ralph Huettner. „Wer braucht so einen Wagen? Das ist Porno, das ist pervers.“

In die Nähe dessen kommt Steuerfahnder Merdinger. Selten hat man einen Finanzbeamten graubäckiger gesehen. Natürlich ist dem Kollegen die Steuer-CD wichtiger als Lucas’ Mordfall. Eine Lust für Herbert Knaup. Striesow als vermeintlicher Bösewicht ist höchst interessant, und Jeanette Hain, die Wittbachs Frau spielt, kann zeigen, was an Untiefen in ihr steckt. Der schöngeistige Assi Blohm (Florian Stetter), Dienststellenleiter Noethen (Michael Roll), der ein bisschen mehr ist als nur Lucas’ Dienststellenleiter, Hausmeister Max (Thilo Prückner) und Schwester Rike, famos gespielt von Anke Engelke, die im Seelenhaushalt der Kommissarin herumstochern darf – es gibt viel zu entdecken in dem Geflecht, in dem Krimiformat. Es ist eines der besten, das wir in Deutschland haben.

„Kommissarin Lucas – Gierig“,

Samstag, 20 Uhr 15, ZDF

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