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Krimireihe: Schuld und Söhne

Die ARD startet eine Reihe mit sechs Håkan-Nesser-Krimis.

So ist es also, wenn man raus ist. Kommissar Van Veeteren ist raus, nach 30 Dienstjahren ist er nun Pensionär. Noch ein letzter Tipp an seinen Nachfolger und Ziehsohn Münster, der gerade zusammen mit Kollegin Eva Moreno einen mysteriösen Axtmord aufklären soll, und Van Veeteren spaziert als Privatier aus der Wache, um mit seinem Sohn einen Kurzurlaub anzutreten – genauer gesagt, dessen fünftägigen Hafturlaub zusammen zu verbringen. Bereits nach wenigen Minuten ist klar, dass dieser Krimi einem besonderen Muster folgt. Denn mit „Das vierte Opfer“ startet das Erste an diesem Sonntag eine sechsteilige Filmreihe nach Romanen des schwedischen Bestseller-Autors Håkan Nesser.

Eines dieser Opfer, das ist offenkundig, ist im übertragenen Sinn Van Veeterens Sohn. So erfolgreich der Vater (gespielt von Sven Wollter, den man hierzulande auch durch Andrei Tarkowskis „Opfer“ kennt) in seinem Beruf auch immer gewesen sein mag, gegenüber seinem Sohn hat er versagt – gerade weil er immer zuerst Polizist und erst viel später Vater war. Van Veeterens Sohn Erich (Josef Säterhagen) hat darum auch wenig Interesse, die Zeit mit seinem Vater zu verbringen, und fährt lieber zu einem Freund Carl, den er aus dem Knast kennt und der wiederum einem der Verdächtigen vor langer Zeit recht nahe stand. Und auch hier wieder das Vater-Sohn-Motiv, denn der nervöse Künstleragent mit dem Aussehen eines Kleinkriminellen hat sich ganz offensichtlich nie aus dem Schatten seines übermächtigen Vaters, des erfolgreichen Anwalts, zu lösen vermocht. So sind die abscheulichen Verbrechen des Serienmörders für Nesser die Vorlage für eine ganz andere Geschichte, die sich am Ende als nicht weniger grausam herausstellt.

Für seine außergewöhnlichen Fälle bekannt ist Henning Mankell mit seinen Romanen um Kommissar Kurt Wallander. Während Wallanders Romane allerdings an eindeutig identifizierbaren Schauplätzen in Schweden spielen – vor allem in der südschwedischen Stadt Ystad – ist der Ort der Handlung bei Nesser fiktiv: Die Stadt Maardam existiert nur in der Fantasie des Autors, auch wenn es das Land so oder ähnlich sicherlich irgendwo in Nordeuropa geben könnte. Auch darüber hinaus unterscheiden sich die beiden Autoren, zumal Mankell sich eher in der sozialkritischen Tradition von Sjöwall/Wahlöö befindet als Håkan Nesser. So ruhig die Erzählungen in Nessers Romanen wie auch in den Filmen daherkommen, die Verbrechen sind – wie von den skandinavischen Krimi-Autoren gewohnt – dennoch äußerst brutal, und auch die im Film gezeigten Bilder sprechen für den späten Sendeplatz. Die sich in der Blutlache des geköpften Opfers spiegelnde billige Deckenlampe mag gut zu der auch ansonsten sichtbaren Tristesse der heruntergekommenen Wohnung des Kleindealers passen, in einem 20-Uhr-15-Tatort würden solche Bilder dennoch harsche Kritik nach sich ziehen. So aber wird die TV-Zeit zwischen dem Ende von „Sabine Christiansen“ und dem Start von „Anne Will“ äußerst kurzweilig gefüllt.

„Håkan Nesser: Das vierte Opfer“, ARD, 21 Uhr 45. Die fünf weiteren Teile der Reihe zeigt die ARD an den folgenden Sonntagen zur gleichen Zeit.

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