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Beim Leistungsschutzrecht geht es vor allem darum, wie Suchmaschinen Textausschnitte anderer Seiten verwenden dürfen.

© dpa

Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Prominenter Protest

40 Netz-Aktivisten fordern die Länderchefs zum Veto gegen das Leistungschutzrecht auf. Dass Axel Wallrabenstein dazu gehört, ist inzwischen selbst aus Sicht der Initiatoren unglücklich. Google gehört zu den Kunden seiner PR-Firma.

„Das Leistungsschutzrecht ist falsch, weil es keine Schutzlücke gibt, es handwerkliche Fehler enthält, nicht zu einer Besserstellung der Urheber führt und Vorteile nur für einige wenige bringt.“ So begründet der Informatiker und SPD-Mann Henning Tillmann den Offenen Brief, den er zusammen mit dem Software-Entwickler Alvar Freude an die Ministerpräsidenten der Bundesländer geschrieben hat. Darin fordern die beiden Netzaktivisten die Länderchefs auf, sich am Freitag im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf für das Leistungsschutzrecht für Presseverlage auszusprechen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Gesetz war am 1. März vom Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP verabschiedet worden. Es sieht vor, dass Suchmaschinen und andere vergleichbare Internet-Dienste für die Übernahme von Texten von Presseverlagen Lizenzen erwerben müssen. Nur kleinste Textschnipsel sind davon ausgenommen. SPD und Grüne hatten bereits in der Bundestagsdebatte angekündigt, im Bundesrat gegen das Leistungschutzrecht zu votieren. Mit dem Offenen Brief wollen Tillmann und Freude den Gesetzentwurf stoppen, zumindest aber verzögern – „zuerst bis zur Sommerpause, aber möglichst bis zur Neuwahl des Bundestages“, wie Tillmann dem Tagesspiegel sagte. Erfahrung mit dieser Form des Protests haben Tillmann und Freude bereits 2010 beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag gemacht. Der Gesetzentwurf traf auf massiven Widerstand aus dem Internet, weil er unter anderem eine Alterskennzeichnung von Webseiten vorsah. „Das mag bei Filmen und Spielen auf DVD funktionieren, nicht aber für Internet-Blogs. In welche Altersklasse sollte man beispielsweise Twitter einordnen“, sagte Tillmann. Seinerzeit forderten sie die Landtagsfraktionen in Nordrhein-Westfalen auf, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Ob es am Protest von Tillmann und Freude lag, sei dahingestellt, jedenfalls scheiterte die Novelle des Jugendmedienschutzes 2010 an Düsseldorf. Das Leistungsschutzrecht bewegt nach Ansicht von Tillmann und Freude „nicht nur die Leute im Netz, sondern ist ein breites gesellschaftliches Thema“. Die Unterzeichner des Offenen Briefes kritisieren Unklarheiten im Gesetz, zudem befürchten sie „komplizierte und umfangreiche Lizenzverhandlungen“, bei denen kleinere Anbieter gegenüber Großen benachteiligt seien. Zu den Unterzeichnern gehören der Verleger Jakob Augstein, die Vorsitzende des Chaos Computer Clubs Constanze Kurz, die Blogger Stefan Niggemeier, Mario Sixtus; Johnny Haeusler und Markus Beckedahl, die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann sowie Vertreter der Jugendorganisationen von SPD und Grünen. Um jedoch auch die Ministerpräsidenten aus CDU/CSU-geführten Ländern ansprechen zu können, wurde auch Axel Wallrabenstein als Unterstützer geworben – der der PR-Agentur MSL vorsitzt. Zu deren Kunden gehört auch Google, in Deutschland der größte kommerzielle Kritiker des Leistungsschutzrechtes. „Das Axel Wallrabenstein zu den Unterzeichnern gehört, ist etwas unglücklich. Am Text hat er aber nicht mitgeschrieben“, sagte Henning Tillmann. Kurt Sagatz

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