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Der Trump-Schock: Wie verändert er die Welt. Unter diesem Thema diskutierte Sandra Maischberger am Tag ein nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.

© Tsp

Maischberger-Talk zum Trump-Sieg: Runter vom hohen Ross

Wie konnte Trump zum US-Präsidenten gewählt werden und wer trägt dafür die Verantwortung, will Sandra Maischberger in ihrem ARD-Talk wissen. Das Interesse der Zuschauer an den Analysen ist groß, aber nicht überwältigend.

"Der Trump-Schock: Wie verändert er die Welt?", so lautete am Mittwochabend das Thema bei "Maischberger" im Ersten. Am Tag eins nach dem Wahlschock von Amerika war Sandra Maischberger die erste ARD-Talkerin, in deren Sendung der unerwartete Wahlsieg des „Quereinsteigers“, „Außenseiters“ und „Populisten“ Donald Trump nicht nur analysiert wurde, sondern in der die Gäste zugleich ausgiebig darüber stritten, wer dafür die Verantwortung trägt. Als sich Maischberger am Ende der Sendung dafür bedankte, wie viel sie durch die Diskussion gelernt habe, dann gehörte dazu sicherlich die Erkenntnis, dass diese Verantwortung nicht nur bei den Amerikanern liegt, sondern ebenso in Europa und auch bei den Deutschen.

Den Wunsch, sich das Verhalten der Amerikaner in einer Talkshow erklären zu lassen, hatten nach dem Trump-Sieg offensichtlich viele Zuschauer. 3,74 Millionen Menschen schalteten die auf 21 Uhr vorgezogene „Maischberger“-Sendung ein, gut doppelt so viele wie in anderen Wochen, aber nicht ganz so viele wie direkt davor beim ARD-Brennpunkt „Der Triumph des Donald Trump“, der auf 4,48 Millionen Zuschauer kam. Die Konkurrenz aus Mainz hatte es mit ihrem ZDF-Spezial „Amerika hat gewählt“ sogar auf 4,53 Millionen gebracht und lag damit vor „Tagesschau“ und „heute“.

Tagessieg für "Solo für Weiss"

Noch mehr interessierte die Zuschauer allerdings der ZDF-Film „Solo für Weiss“ mit Anna Maria Mühe. Davon profitierte auch das „heute-journal“ mit Claus Kleber (4,4 Millionen Zuschauer). Die „Tagesthemen“ und Ingo Zamperoni kamen nur noch auf 3,04 Millionen, nach „Tagesschau“, „Brennpunkt“ und „Maischberger“ fühlten sich viele ARD-Zuschauer zu dieser Zeit offensichtlich bereits umfassend informiert.
In der ARD-Talksendung erkennt der amerikanische Buchautor Eric T. Hansen den Hauptgrund dafür, dass niemand den Sieg Trumps wirklich kommen sah, im Desinteresse von Politik und Medien an breiten Schichten in der Bevölkerung – sowohl in den USA als auch in Deutschland. Die AfD werde bei den Bundestagswahlen im kommenden Jahr 20 bis 30 Prozent der Stimmen bekommen, prophezeite Hansen.

"Die Arbeiter haben keine Ansprechpartner mehr"

Für Oskar Lafontaine, den ehemaligen Linkenchef, haben die Wähler in den USA nicht in erster Linie Trump gewählt, sondern das ökonomische und korrupte politische Oligarchensystem abgewählt. Auch er sieht im Wahlerfolg Trumps durchaus Parallelen zur Entwicklung in Europa: „Die klassischen Arbeiterparteien haben die Seiten gewechselt. Seit 20 Jahren haben die Arbeiter keine Ansprechpartner mehr“, sagte der Ex-SPD-Troika-Mann. „Wenn nun Trump oder Marine Le Pen in Frankreich soziale Angebote machen, dann sind die Arbeiter auf einmal weg.“

Die Feministin Alice Schwarzer findet es bedrückend, dass nun ein Mann US-Präsident wird, der nur Hass gesät hat und nichts von Politik versteht. Ein Typ Mann zudem, „von dem wir dachten, dass wir ihn überwunden haben“. Da gebe es wohl eine ernst zu nehmende Nervosität von Männern, die sich abgehängt fühlen. Zugleich mahnte sie dazu, auch die Entwicklung in Deutschland und die Ängste vieler Menschen ernst zu nehmen. „Ich habe es bedauert, dass man die AfD sofort dämonisiert und einfach draufgeschlagen hat statt zu fragen, was interessiert dich an der Partei“, sagte sie.

Thomas Roth, ehemaliger USA-Korrespondent der ARD und Ex-„Tagesthemen“-Moderator macht sich indes nicht nur Sorgen um eine anhaltende Spaltung in den Vereinigten Staaten – „Ich sehe da neue Konflikte heraufziehen“ – er sorgt sich genauso um den Zusammenhalt in der Europäischen Union. „Wir haben die Geschichte von 70 Jahren Frieden in Europa nicht überzeugend genug erzählt“, meint er.

"Hintern und Ellbogen"

Nadja Atwal wurde in Deutschland geboren, lebt seit 14 Jahren in den USA und ist bekennende Trump-Unterstützerin. Sie sieht im Verhalten der Medien einen Mitgrund für die Enttäuschung vieler US-Wähler. „Die Amerikaner haben die Schnauze voll gehabt von den Manipulationen durch die Medien“, sagte sie ohne das Wort von der Lügenpresse zu benutzen. Heftige Kritik richtete sie später an Politikern wie dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der auch am Tag nach der Wahl noch nicht von seiner Bezeichnung Hassprediger für Trump abgerückt war. Einige Politiker bräuchten wohl einen Crashkurs in Diplomatie. „Da wird so getan, also ob Trump seinen Hintern nicht von seinem Ellbogen unterscheiden kann.“ Auch für Autor Hansen ist die Herablassung gegenüber Trump kaum zu ertragen. Er werde als Kind, Nichtskönner und Idiot dargestellt. „Wenn Europa und Deutschland weiter gute Beziehungen zu den USA haben wollten, müssen sie sehr schnell runter vom hohen Ross“, so Hansen.

Julian Reichelt, Chef von Bild.de wundert sich indes über die Äußerungen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker („Wir werden Trump kennen lernen, er uns aber auch“) aber auch über die Bundeskanzlern, die den US-Präsidenten in ihrer Gratulation an die Einhaltung der Menschenrechte erinnert habe. Das sei unter dem Niveau gewesen, das wir im Umgang mit dem gewählten amerikanischen Präsidenten gewohnt sind, sagte Reichelt. Alice Schwarzer konterte: „Trump ist aber auch unter dem Niveau, das wir von den Vereinigten Staaten gewohnt sind“. Kurt Sagatz

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