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Medien: Make news, not war

Journalismus der Deeskalation in Zeiten der Kriegsvorbereitungen

Was wird sein, wenn der Krieg gegen den Irak beginnt? Diese Frage beschäftigt viele Menschen, und Journalisten auf besondere Weise. „Ich will nicht unterstellen, dass es eine Kriegsgeilheit gibt, aber es gibt eine Newsgeilheit“, sagte Bernd Gäbler, Leiter des Grimme-Instituts, am Donnerstagabend bei einer Diskussion in Köln. Die Fernsehredaktionen hätten sich längst auf den Tag X vorbereitet. Bloß nicht wieder einen Tierfilm senden, wenn’s losgeht – das sei die panische Sorge der Sender. Der ARD war das am 11. September 2001 passiert. „Monitor“-Chefin Sonia Mikich bestätigte das: „Es gibt tatsächlich das fixierte Starren auf Aktualität.“ Allerdings übte sie sich auch in „Publikumsbeschimpfung“. Die Zuschauer würden eine Live-Berichterstattung nach CNN-Manier honorieren, das Angebot an Reportagen und Hintergrundberichten aber meiden: „Im Zweifel gehen sie dann doch zu ,Napoleon’.“

Neben Gäbler und Mikich hatte das „Dellbrücker Forum“ den Luftwaffengeneral Walter Jertz eingeladen, der im Kosovo-Krieg neben Jamie Shea Nato-Sprecher war. „Alles Lüge?“, so der Titel des Streitgesprächs über den „Krieg und die Medien“. Es sei „nicht unbedingt so, dass im Krieg immer gelogen wird“, behauptete Jertz. Allerdings müsse man auch als Uniformierter bisweilen Provokatives und Plakatives sagen, um Aufmerksamkeit in den Medien zu erzeugen. Jertz räumte Fehler der Militärs im Umgang mit der Wahrheit ein. So distanzierte er sich von der – damals als Nato-Sprecher selbst verkündeten – Behauptung, die in Jugoslawien eingesetzte Munition, bei der Schadstoffe wie Uran freigesetzt werden, sei für Menschen harmlos. Doch als Sonia Mikich betonte, sie sehe „keine Veranlassung, dem Nato-Briefing ein Gramm mehr zu vertrauen als einer anderen interessengeleiteten Partei“, wurde Jertz ärgerlich: „Es ist bitter für mich, dass Sie die Pressekonferenzen der Nato mit der serbischen Propaganda vergleichen.“

Die Lust, vergangene Streitigkeiten aufzuwärmen, war angesichts des aktuellen Konflikts am Golf und der gedrückten Vorkriegsstimmung im Kirchensaal nicht allzu groß. General Jertz lud die Medien sogar dazu ein, „gemeinsam Botschaften rüberzubringen, wie man den Krieg verhindern kann“. Sonia Mikich bestand dagegen auf professioneller Distanz: „Auch aus guten Gründen wird manipuliert. Warum? Weil Aufmerksamkeit eine Ware ist.“ Von Militärs organisierte Bus-Touren zu Kriegsschauplätzen lehnte sie nicht ab, es gelte, die Informationen dort nur richtig einzuordnen.

Die „Monitor“-Chefin stimmte Bernd Gäbler zu, der einen „Journalismus der Deeskalation“ forderte: Berichte, die die Zusammenhänge des Konflikts ausleuchten, statt allein auf den Kriegs-Countdown im Weltsicherheitsrat zu blicken.

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