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Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan in Istanbul

© dpa/EPA/Cem Turkel

"Maybrit Illner" zu Erdogan: Alle gegen einen

Der Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan hatte einen schweren Stand bei Maybrit Illner. Die Gastgeberin hatte Mühe, die Streithähne zu übertönen.

Kleine Kinder strapazieren in ihrer Trotzphase die Nerven ihrer Eltern oft bis aufs Äußerste. Ähnliche, ebenso infantile Anwandlungen konnten am Donnerstag im ZDF bestaunt werden. Polittalkerin Maybrit Illner will diskutieren. Das Thema „Erdoğans Rache – ist die Türkei noch unser Partner?“ steht auf dem Plan. 3,82 Millionen Zuschauer haben eingeschaltet, die beste Illner-Quote seit vier Jahren.

AKP-Politiker Mustafa Yeneroğlu scheinen die Regeln für eine solche Debatte allerdings nicht wirklich geläufig zu sein. Sieht es doch oft so aus, als wolle er sich jeden Moment wütend auf den Boden werfen. Sein Bestreben den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als einen „lupenreinen Demokraten“ zu verkaufen, trifft bei seinen Mitdiskutanten auf Ablehnung. Zu Beginn der Sendung beschreibt er seine Erfahrungen in der Nacht des Putsches. Der Justizminister habe zu den im Parlament verharrenden Politikern gesagt: “Wir dürfen jetzt hier nicht aufstehen, wir müssen sitzen bleiben, auch wenn wir sterben.”

Dem gegenüber stehen die Wahrnehmungen von Türkei-Korrespondent Deniz Yücel, der sich durch Istanbul bewegte: Taksim Platz, Flughafen. Beim Erzählen davon überschlägt sich seine Stimme fast. Yeneroğlu fällt ihm dabei immer wieder ins Wort. Etwas später droht der Politiker Illner „Ich gehe jetzt, wenn Sie mich nicht reden lassen, dann gehe ich jetzt“, und wirft ihr als nächstes vor, keinerlei Ahnung von der türkischen Regierung zu haben. Die Journalistin entgegnet: „Soll ich jetzt gleich gehen?“

Am Ende verlässt dann doch niemand frühzeitig die Runde. Die anderen Gäste, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, Sevim Dağdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Bundestagsfraktion der Linken, Historiker Michael Wolffsohn und Deniz Yücel, sind sich immerhin in einer Sache einig: das was gerade in der Türkei unter Erdogan passiert, habe nichts mit Demokratie zu tun.

Für Scheuer „kann eine Erdogan-Türkei keinen Platz in einer europäischen Familie haben“. Dağdelen spricht von einer Gleichschaltung zu einem totalitären Regime und fordert Sanktionen gegen den Präsidenten. Illner muss immer wieder zwischen den beiden Parteien - zwischen Yeneroğlu und den anderen Gästen schlichten. Sie gibt es schließlich auf, ihre Strategie von nun an: die Streithähne einfach übertönen.

Bleibt am Ende nur zu hoffen, dass der Vergleich, den Wolffsohn zwischen der jetzigen Situation in der Türkei und der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 zieht, keine weitere Staatsaffäre à la Böhmermann auslöst.

Julia Müller

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