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Medien: Der Berliner Coup des Kirch-Clans

Leo Kirch verbundene Manager sichern sich mit Geldern seiner Ehefrau Ruth ein Filetgrundstück gegenüber des Axel-Springer-Verlagsgebäudes. Spekulationen über einen Umzug der Münchener Mediengruppe nach Berlin kursieren ebenso wie Gerüchte über das Zustandekommen des Immobiliendeals.

Zuzutrauen wäre Leo Kirch diese Pointe: Da zieht der alte und neue Medienmogul von München nach Berlin und bezieht Quartier ausgerechnet gegenüber seinem alten Intimfeind Springer – um von dort einen florierenden Handel mit Fernsehrechten an der Fußballbundesliga zu betreiben.

Der Kirch-Clan, bestehend aus Ruth Kirch, Ehefrau des 81-jährigen Unternehmers, Dieter Hahn und dem Rechtsanwalt Hans Erl, steigen im Zentrum Berlins in ein Grundstücksgeschäft ein. Es geht um ein 9300 Quadratmeter großes Filetgrundstück in Mitte. Das wird eingerahmt von Axel-Springer-, Schützenstraße, Jerusalemer und Zimmerstraße. Für das Areal gibt es bereits einen rechtskräftig festgesetzten Bebauungsplan. Dieser erlaubt die Errichtung eines Bürohauses mit einer Fläche von 27.000 Quadratmetern.

An der Finanzierung des Kaufpreises für das Grundstück beteiligte sich Leo Kirchs Ehefrau Ruth, 81 Jahre alt, höchstpersönlich: eine Grundschuld in Höhe von 3,8 Millionen Euro wurde bereits zu ihren Gunsten in das Grundbuch eingetragen, um ihr Engagement abzusichern. Einem Sprecher zufolge soll es sich um ein „privates Investment“ handeln. Auch Kirchs langjähriger Geschäftspartner und rechte Hand Dieter Hahn, 46 Jahre alt, ist ebenso dabei wie Rechtsanwalt Hans Erl, 56 Jahre. Die beiden sind wichtige Figuren des neuen Kirch-Clans, der sich gerade erst die Verwertung der Fernsehrechte für die Bundesliga gesichert hat.

Insidern zufolge will die neue KirchGruppe ihre Aktivitäten in Berlin verstärken. Ist möglicherweise ein Umzug in die Hauptstadt geplant? Ein Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage: „Zu den privaten Investments von Ruth Kirch und Dieter Hahn in Berlin werden wir uns nicht äußern. Spekulationen über einen möglichen Umzug der Kirch-Gruppe von München nach Berlin sind Unsinn.“

Für ihr Grundstücksgeschäft in Berlin bedienen sich die Kirch-Vertrauten Hahn und Erl eines der gewieftesten Unternehmer der Stadt: Klaus Groenke, 65. Diese Allianz könnte eine stupende Ähnlichkeit bei den unternehmerischen Biografien des Medienmultis und des Chefs der Firma Trigon Invest begünstigt haben: Beide hatten Milliardenschulden bei der Deutschen Bank und beiden wird seit ihrem wirtschaftlichen Niedergang ein angespanntes Verhältnis zu dem Kreditinstitut nachgesagt. Außerdem arbeiten beide wie versessen an ihrer Rehabilitierung: als Unternehmer und als Personen des öffentlichen Lebens.

Wie Leo Kirch zählte auch Klaus Groenke in den 90er Jahren zu den schillerndsten Unternehmern Deutschlands. Groenke war unter den Gewinnern der deutschen Einheit: Er hatte in den neuen Ländern eifrig Immobilien gesammelt und Neubauten errichtet. In die unternehmerische Champions League stieß er aber erst vor durch ein Geschäft mit der Treuhandanstalt: durch die Übernahme von 27 Häusern der Interhotelkette. Mehr als eine Milliarde Euro zahlte er dafür. Der größte Teil davon war gepumpt - allen voran bei der Deutschen Bank. Zu den Hotels zählten etwa das heutige „Park-Inn“ am Alexanderplatz und ein Haus in Toplage Unter den Linden.

An diesem Brocken übernahm sich Groenke. Doch anders als Kirch ließ die Deutsche Bank ihn zunächst nicht fallen: Das Kredithaus strickte einen Rettungsplan für den verschuldeten Unternehmer. Beide profitierten dadurch von gewaltigen Steuervorteilen.

Groenke focht die Schlappe nicht an. Mit trotzigem Stolz arbeitet er seither zäh an seiner Rückkehr ins ganz große Geschäft. Kontakte zur Familie Kirch bestanden schon früher: Mit dem Sohn des Münchener Medienmoguls, Thomas Kirch, besaß Groenke in den 90er Jahren Anteile am Berliner Musiksender Hundert,6. Nun wickelt er erneut mit Schlüsselfiguren des Kirch-Clans das Grundstücks- und Baugeschäft an der Axel-Springer-Straße ab: Es geht um eines der letzten Filetgrundstücke in Mitte, ein ganzes Karree zwischen Schützen-, Jerusalemer, Zimmer- und Axel-Springer-Straße.

Für die Kirch-Gruppe wäre es genau der richtige Ort, um ein letztes Fanal im Ringen mit Springer zu schaffen: eine Niederlassung mit Blick auf das Verlagsgebäude der Axel Springer AG, an deren Übernahme Kirch einst nur sehr knapp gescheitert war. In

Leo Kirch
Leo Kirch steigt wieder ins Mediengeschäft ein. -

© dpa

der Münchener Konzernzentrale ist das Berliner Investment bekannt. Umzugspläne werden aber bestritten. Leo Kirchs Frau Ruth stieg bei der Finanzierung des Kaufpreises mit in das Geschäft ein. Sie ließ sich eine Grundschuld in Höhe von 3,8 Millionen Euro in das Grundbuch eintragen – diese Millionen werden mit gewaltigen 20 Prozent verzinst im Jahr. Die hohen Zinsen üben einen großen Druck auf den Berliner Bauträger aus, das Grundstück schnell zu entwickeln.

An dem Berliner Projekt ist auch eine andere Schlüsselfigur des Kirch-Clans beteiligt: Leo Kirchs „Ziehsohn“ und Meisterdenker beim Neuaufbau des Kirch-Konzerns, Dieter Hahn. Hahns Firma DHV, deren Tätigkeit „Vermögensverwaltung und Handel mit Sportprogramm- und Marketingrechten“ ist, beteiligte sich direkt an der Berliner Gesellschaft von Groenke. Hahns Firma sitzt in München, in der Kardinal-Faulhaber-Straße. An derselben Adresse residieren Leo Kirchs wichtigste Firmen. Hahn gilt als Drahtzieher beim Aufbau des neuen Kirch-Imperiums.

Noch ein zweiter Vertrauter des Medienmoguls bringt sich in Berlin in Stellung: Rechtsanwalt Hans Erl. Dessen Firma TKV ist ebenfalls an dem Berliner Projekt beteiligt – und zwar mit 50 Prozent der Gesellschaftsanteile. Erl genießt Leo Kirchs Vertrauen. Sie hatten gemeinsam die Verantwortung für die in Turbulenzen geratene Firma von Leos Sohn Thomas Kirch übernommen. Leo Kirch setzte Hans Erl außerdem in die Geschäftsführung einer gemeinnützigen Firma seines Konzerns ein.

Die Beteiligungen des Kirch-Clans an der Berliner Gesellschaft machen deutlich: Diese Allianz wird eindeutig von den Münchener Gesellschaftern dominiert. Kirchs Frau bringt Millionen ein, und den Kirch-Vertrauten Erl und Hahn gehört die Mehrheit an der Schlüsselfirma des Berliner Projektes. Für den Kirch-Clan bietet das Projekt an der Axel-Springer-Straße die Möglichkeit, in kürzester Zeit über einen gewaltigen Neubau in Berlin-Mitte zu verfügen. Und Groenke kann bei Planung und Bau des Bürohauses Geld verdienen.

Und das in kürzester Zeit. Denn hier kann alles sehr schnell gehen: Für das Grundstück gibt es bereits heute einen rechtskräftig festgesetzten Bebauungsplan. Dieser erlaubt es den Eigentümern, ein Gebäude mit einer Fläche von 27.000 Quadratmetern zu errichten. Das ist fast so viel Platz, wie das „Hotel Adlon“ bietet. Der größte Teil davon stünde als Bürofläche zur Verfügung.

Ganz billig dürfte das Vorhaben die Unternehmer nicht kommen: Allein das Grundstück – der Kaufpreis dafür wurde von den neuen Eigentümern bereits überwiesen – ist nach den beim Berliner Gutachterausschuss ermittelten Verkehrswerten rund 15 Millionen Euro wert. Der Bau eines Bürohauses an der Stelle könnte, bei den in Berlin laut Forschungsinstituten üblichen Baukosten, zusätzlich etwa 50 Millionen Euro verschlingen.

Das Strickmuster, nach dem die Kirch-Vertrauten in Berlin vorgehen, prägt auch die Aktivitäten beim Aufbau eines neuen Medienkonzerns. Keimzelle dieses Unternehmens ist die KF 15 (abgeleitet aus dem Firmensitz an der Kardinal-Faulhaber-Straße 15 in München). Diese Firma gehört offiziell je zur Hälfte Kirchs Ehefrau Ruth und seinem Vertrauten Hahn. KF 15 ist größter Aktionär beim integrierten Unternehmen EM Sport Media, um den herum wieder weitere Kirch-Firmen gelagert sind. Was Kirch hier aufbaut (oder bereits aufgebaut hat), erinnert stark an die komplexen und verschachtelten Beteiligungsstrukturen, mit denen sich Kirch bis zur Insolvenz 2002 ein Netzwerk von mehr als hundert Firmen geschaffen hatte.

Zum neuen Kirch-Komplex gehört auch Sirius. Diese Firma wird die Fernseh- und Internetrechte der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga vermarkten, dafür bekommt die Deutsche Fußball Liga (DFL) rund drei Milliarden Euro, verteilt auf die sechs Spielzeiten von 2009 bis 2015. Sirius muss spätestens am 1. Januar 2009 über die vereinbarte Summe des Deals eine Bankgarantie vorweisen - zunächst in einer ersten Jahresrate in Höhe von 500 Millionen Euro. Wegen dieser Bürgschaft verhandelt Kirch mit der Commerzbank: „Wir prüfen ein mögliches Engagement, aber es gibt noch keine Entscheidung“, sagte ein Sprecher der Bank. Auch wenn es so aussieht, als hätte es die Insolvenz der Kirch-Gruppe mit herben Problemen für die Profiklubs vor fünf Jahren nie gegeben, so kann es nie und nimmer schaden, wenn eine Bürgschaft mit weiteren Sicherheiten versehen wird.

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