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Medien: Medienrepublik (81)

Harald Martenstein kann sich Stefan Effenberg nicht als Bundeskanzler vorstellen Das Buch von Stefan Effenberg schwankt auf der Bestsellerliste von Amazon zwischen Platz vier und Platz sieben. Dabei ist es noch gar nicht erschienen.

Harald Martenstein kann sich Stefan Effenberg nicht als Bundeskanzler vorstellen

Das Buch von Stefan Effenberg schwankt auf der Bestsellerliste von Amazon zwischen Platz vier und Platz sieben. Dabei ist es noch gar nicht erschienen. Es sind alles Vorbestellungen. Auf der AmazonWebsite steht sogar schon eine Leserrezension. Der Leserrezensent sagt, dass er das Buch in diesem Sonderfall naturgemäß noch nicht lesen konnte. Es sei aber schlecht wie die Nacht.

Klar.

Klar ist auch, dass die Schurken attraktiver sind als die Guten, im Kino, im Leben, überall. Hannibal Lecter läuft im freien Verkauf weltweit besser als Mutter Teresa. Die Leute finden deshalb nicht etwa Kannibalismus klasse. Sie können das schon auseinander halten – das eine findet man unterhaltsam, ungefähr wie Zirkus, das andere befürwortet man. These: Dass die Deutschen wie verrückt Bücher von Stefan Effenberg oder von Dieter Bohlen kaufen, bedeutet keineswegs, dass sie Effenberg oder Bohlen als Bundeskanzler haben wollen oder die Lebenseinstellung von tätowierten Strähnchen-Machos vorbildlich finden. Sie gucken ihnen nur gerne über die Schulter, in einer Mischung aus Lust, Amüsement und, zumindest bei Effenberg, ein bisschen Ekel. Lust und Ekel gehören zusammen.

Wieso steht eigentlich das Buch von Jürgen Möllemann bei Amazon nur auf Platz 1520? Möllemann ist doch auch unangenehm, und Total-Egoist, und prominent, und Skandalnudel … liegt es wirklich nur an der Effenberg-Kampagne der „Bild“-Zeitung? Liegt es am Schnurrbart? Oder hat Effenberg womöglich etwas, das Möllemann nicht hat? Die Leute wollen, dass es echt aussieht. Das ist zur Zeit die große Sehnsucht – nach Reality-Shows, nach Dogma- Filmen, nach Blut, Schweiß und Effenberg. Effenberg ist auch nur eine Inszenierung, wie fast alles, aber wenigstens eine glaubwürdige. Man nimmt ihm ab, dass er wirklich das selbstgerechte Großmaul ist, das er spielt. Er rechtfertigt sich nicht. Möllemann dagegen rechtfertigt und taktiert und windet sich ohne Ende. Er will in den Augen der Öffentlichkeit zu den Guten dazugehören, er will kein Schurke sein. Das ist extrem unsexy. Jeder „Big Brother“-Zuschauer weiß: Steh zur dir selbst, sei, wie du dich fühlst! Oder Claudia Strunz. Claudia Strunz, die Effenberg-Freundin mit dem Superbody, hat auf der Schulter ein Tattoo mit dem englischen Text „Real love never die“. Bei „Bild“ haben sie tagelang Grammatikexperten und führende Anglistikprofessoren befragt. Jetzt steht fest, was viele ahnten: Es heißt in richtigem Englisch „Real love never dies“. Das macht ihr aber nichts aus. Richtiges Englisch ist ihr egal. Möllemann würde das Tattoo verstecken oder heimlich korrigieren, oder er würde sagen: „Westerwelle ist schuld. Westerwelle hat es meinem Tätowierer am Telefon falsch diktiert.“ Deswegen also steht Möllemann nur auf Platz 1520.

Aus dem Effenberg-Buch kann man viel lernen. Zum Beispiel: Deutsche Fußballprofis saufen viel. Mann oh Mann, die dröhnen sich ganz schön zu. Wie echte Schriftsteller! Deswegen also spielen sie manchmal nicht so gut.

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