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Medien: „Mein Lieblingswort ist lecker“

Von Maggi bis Zitronengras: Chefredakteur Peter Ploog über 30 Jahre „essen & trinken“

Besteht für Sie das ganze Leben eigentlich nur aus Essen und Trinken?

Bei längerem Nachdenken fallen mir schon noch ein, zwei Dinge ein, die auch nicht ganz nebensächlich sind.

Hassen Sie es mittlerweile, wenn jemand „Guten Appetit“ sagt?

In der Redaktion sagen wir es selten, wir müssten es ja dauernd sagen. „Mahlzeit“ finde ich scheußlich. Aber mit „Guten Appetit“ habe ich kein Problem.

Welche Fähigkeiten muss ein „essen & trinken“-Redakteur haben?

Also zunächst mal: Er sollte über ziemlich viele und gute Geschmacksnerven verfügen. Er sollte aufgeschlossen sein für alles, was ess- und trinkbar ist. Und er sollte außerordentlich neugierig sein. Wenn er nur Omas Leibgericht mag, wird er schnell am Ende seiner Weisheit sein.

Muss er kochen können?

Das wäre hilfreich.

Steht das Wort „Diät“ eigentlich auf Ihrem Index?

Nein. Aber Diät gehört nicht gerade zu unserer Kernkompetenz.

Gibt es Unwörter, die Sie in Ihrem Heft nicht lesen wollen?

Etliche. Ich kämpfe beispielsweise seit Jahren einen sehr schwierigen Kampf gegen das Wort „Kult“. Erstens wird es immer falsch verwendet und zweitens hat Essen mit Kult nichts zu tun. Und es gibt Wörter aus der „Spiegel“-Sprache, die mir einen leichten Brechreiz verursachen.

Zum Beispiel?

Plötzlich heißt es überall „daherkommen“, das heißt dann bei uns: Der Lammrücken kommt mit einer zarten Kräuterkruste daher. Ziemlich abartig.

Welches Wort mögen Sie denn?

Lecker. Das ist mein Lieblingswort.

30 Jahre „essen & trinken“ – eine Entwicklung von Maggi zu Zitronengras?

Und zurück. Wir haben angefangen in einer Zeit, in der gekocht wurde, was Siebeck mal mit Recht als Plumsküche bezeichnet hat, da gab es noch Dosenspargel mit Mehlschwitzen als Stammgericht. Dann kam irgendwann Nouvelle Cuisine, bis sie zum Kunstgewerbe auf dem Teller degenerierte: Zwei zart ineinanderverflossene Schnittlauchstreifen zierten ein Blumenkohlpüree. Allenfalls kam noch ein halbes Wachtelei dazu. Die Gegenbewegung war dann, was Wunder, die neue deutsche Regionalküche. Die wurde dann von asiatischen Leichtigkeiten abgelöst. Da ist noch Platz für Entwicklungen.

Was war das verrückteste Rezept?

Die Köchin möchte ich nicht nennen, aber das Gericht weiß ich noch gut: Es war Reis-Polenta mit Trüffeln. Und es war die größte Verschwendung von Trüffeln, die ich in meinem Leben gesehen habe.

Die Rezepte werden in Ihrer Versuchsküche ausprobiert. Isst die Redaktion dann immer gemeinsam?

Das nicht, aber wer da ist, probiert und kommentiert. Ohne Kommentar gibt’s bei uns nichts zu essen.

Debattieren Sie über Themen wie: Heißt es Konfitüre oder Marmelade?

Und wie. Außerdem gibt es noch „Konfitüre extra“. Von Fruchtaufstrich ganz zu schweigen. Ganz heikles Terrain.

Ein Kochheft – wo liegt da die journalistische Herausforderung?

Die liegt eindeutig darin, ein und denselben Sachverhalt immer wieder neu zu sehen. Wir bringen seit 30 Jahren das Schwerpunktthema Spargel. Immer wieder neu. Das ist Kunst.

Betreiben Sie eine Art kulinarische Aufklärung?

Das klingt so bedrohlich. Aber ein bisschen schon. Die Leute nehmen immerhin seit den Siebziger Jahren nicht mehr ihre Dose Sauerkraut mit nach Spanien. Sie probieren da auch schon mal eine Paella.

Ein Klassiker in Ihrem Heft ist das „kulinarische Gespräch“. Welche Erfahrungen haben Sie mit den Prominenten gemacht?

Es gibt zwei Kategorien: Die einen haben einen PR-Manager, und der sagt ihnen, was sie sagen sollen. Zum Beispiel kommt bei Politikern Bodenständiges wie Eisbein immer gut. Die anderen lieben das Thema und verraten etwas, aber ganz selten ihr wirkliches Lieblingsrezept. Das behalten sie für sich.

Es gibt „Spiegel TV“ und „Focus TV“ – warum kein „essen & trinken-TV“?

Das halte ich für dringend erforderlich, ich sehe nur leider nirgendwo die nötige Investitionsbereitschaft. In kleineren Dosierungen gibt es das ja schon. Seit sechs Jahren arbeiten wir mit Johannes Lafer auf 3 sat zusammen. Aber im deutschen Fernsehen ist immer nur ein Koch und sein Rezept vorgesehen. Dabei könnte man doch wunderbar eine kulinarische Talkshow machen und scih mal über Saumagen statt über Arbeitslose unterhalten. Das würde ich sehr gern machen.

Was war der größte Erfolg von „essen & trinken“?

Wir haben Creme fraiche in Deutschland durchgesetzt.

Das Gespräch führte Carla Woter.

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