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Natascha Kampusch: Ein gekonnter PR-Effekt für "Puls 4"

Der vielleicht ehrlichste Moment der Sendung kam ganz zum Schluss. 40 Minuten hat Natascha Kampusch in der ersten Folge ihrer eigenen Talk-Show mit dem ehemaligen Formel 1-Piloten und Fluglinienchef Niki Lauda gesprochen.

Es war ein Gespräch, das sich ziemlich zog, das irgendwie keinen wirklichen Punkt fand.  Irgendwie waberte das Gespräch dahin, und auch die oft sehr brutalen Schnitte der Regie, die dem Geplauder ein bisschen Tempo geben sollten, halfen nicht wirklich. Aber dann, zum Schluss, wurde es eben ehrlich. Sie möchte die letzte Frage in ihrer Talkshow anders stellen als in den anderen Talkshows, sagte Kampusch, und darum habe sie sich folgendes überlegt: Lauda solle doch einfach ihr eine Frage stellen.

Kampusch wörtlich: "Stellen Sie doch einfach mir eine Frage. Fragen Sie mich etwas, das Sie mich immer schon fragen wollten." Und wahrscheinlich ist also genau das der Punkt, um den es in dieser neuen Talkshow geht. Natascha Kampusch will nicht nur reden, sie will vor allem auch gefragt werden. Und nun, noch nicht ganz zwei Jahre nach ihrer spektakulären Flucht vor ihrem Entführer Wolfgang Priklopil, redet Kampusch eben in ihrer eigenen Talkshow. "Natascha Kampusch trifft" heißt das Format, dass am Sonntag zum ersten Mal auf dem kleinsten österreichischen Privatsender "Puls 4" ausgestrahlt wurde. In unregelmäßigen Abständen, rund einmal im Monat, wird Kampusch in Zukunft Prominente interviewen, sie soll gemäß der Sender-PR ungewöhnliche Fragen stellen und Seiten an ihren Interviewpartnern hervorbringen, die bis dato noch nicht bekannt waren.

Kräftig nachgearbeitet

Nun, nach der ersten Sendung mit Niki Lauda, kann man das Ziel der Sendung wohl etwas ehrlicher umschreiben: Es geht bei dieser Sendung weniger um die Gäste, die wie im Falle Laudas genau die gleichen Stehsätze zum besten geben, die sie zuvor schon in vielen Interviews gesagt hatten - sondern es geht fast ausschließlich um Kampusch. Im Schnitt war sie wohl mindestens genauso lange im Bild wie ihr Interviewpartner. Dass die Regie da wohl kräftig nachgearbeitet hat liegt auf der Hand - schließlich wurden rund 80 Minuten Material aufgezeichnet, von denen nur 40 Minuten ausgestrahlt wurden. Und das waren wohl nicht jene Momente, in denen der Studiogast monologisiert hat.

Am Sonntag wurde in fast allen österreichischen Tageszeitungen über ihren Fernsehauftritt berichtet, der "Kurier", das auflagenstärkste Qualitätsblatt, hatte das Entführungsopfer sogar neulich auf dem Cover. Kampusch war damit mal wieder in den Medien und vor allem "Puls 4", ein Sender, der normalerweise mit Tagesreichweiten unter einem Prozentpunkt deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle dahin schrammt, hatte einen PR-Effekt wie wohl noch nie in der Geschichte des Senders erzielt. Aber andererseits: Kann man das irgendjemand verübeln? Die 20-jährige Natascha Kampusch hatte bereits kurz nach ihrer Entführung erklärt, dass sie irgendwann vielleicht mal Journalistin werden will. "Puls 4" hat da wohl die Gelegenheit ergriffen, und ihr eine Chance gegeben.

Gut vorbereitet

Prinzipiell hat Kampusch zumindest in Ansätzen gezeigt, dass sie vielleicht wirklich als TV-Journalistin taugen würde. Sie war zumindest gut für ihr Gespräch vorbereitet. Sie zeigte, und das ist im österreichischen Fernsehen gar nicht so üblich, ein gewisses Maß an Interesse an ihrem Gast, und irgendwie war sie dabei auch gar nicht unsympathisch. Und dass sie eben nach wie vor keine Talkshowgastgeberin ist, sondern lieber selbst in Talkshows zu Gast sitzt kann ihr niemand krumm nehmen. Schließlich hat die Frau ja unbestreitbar eine Geschichte zu erzählen. Ihre eigene. Und zur Not auch in ihrer eigenen Talkshow.

Niki Lauda fragte Kampusch zum Schluss übrigens, was sie in einem Jahr machen wolle. "Ich weiß es nicht", sagte Kampusch. Und auch das war wohl ziemlich ehrlich.

Markus Huber[Wien]

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