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Persönliche Interessen. Der Rupert-Murdoch-Sender Fox ist in den USA wegen seiner gönnerhaften Berichterstattung gerade unter Linken nicht sonderlich beliebt. Foto: AFP

© AFP

News Corp: Sein Name ist Murdoch…

…und er weiß von nichts. Nach dem Abhörskandal in England geraten nun auch US-Medien des Medien-Moguls in den Fokus.

Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal recht flott. Seit dieser Woche sitzt Jonathan May-Bowles in einem Londoner Gefängnis. Der 26-Jährige büßt eine sechswöchige Haftstrafe ab, weil er den Medienmogul Rupert Murdoch während einer Anhörung vor dem britischen Parlament mit einer Torte aus Rasierschaum attackierte. Murdoch selbst, der sich für einen Bestechungs- und Abhörskandal verantworten muss, hofft derweil jeder Strafe zu entgehen. Zwar ist unumstritten, dass Redakteure der stillgelegten „News of the World“ und anderer Zeitungen Handys von Politikern, Prominenten und Mordopfern abgehört haben. Wie weit man dem 80-Jährigen Verleger eine Mitschuld an den Hacker-Angriffen nachweisen kann, ist unklar. Bei einer Anhörung vor dem Parlament beharrte Murdoch darauf, von „Leuten, denen ich vertraute“ enttäuscht worden zu sein.

Hat die Sache nun auch den US-Geschäften von Murdoch geschadet? Schließlich steht die Zentrale von Murdochs News Corp, eines der weltgrößten Medienkonglomerate, in New York City. Der Skandal gehe „gegen alle Ideale, für dich ich stehe“, zeterte Murdoch unlängst. Die „News of the World“ sei nur ein winziger Teil seines Unternehmens und dürfe nicht den Ruf der „übrigen 53 000 angesehen Mitarbeiter“ beschädigen. Erste teure Folgen hat der Skandal allerdings bereits gezeigt: Die geplante Übernahme des Satellitensenders BskyB, mit der Murdoch seine Medienvorherrschaft in Großbritannien ausbauen wollte, ist vom Tisch – ein herber Verlust für den gebürtigen Australier und heutigen Amerikaner.

Auch in dessen Wahlheimat droht Ungemach. In den USA standen Unternehmen aus der Murdoch-Gruppe oft mit dem Gesetz in Konflikt. 2003 und 2004 soll die Werbe-Tochter News America Marketing die Datenbanken eines Konkurrenten gehackt und mit Hilfe vertraulicher Informationen Kunden abgeworben haben. Zu einer Anklage kam es nicht, da der zuständige Staatsanwalt, der heutige Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, eine Untersuchung der Vorfälle ablehnte. In einem ähnlichen Fall der Betriebsspionage, in dem man Konkurrenten mit wettbewerbsrechtlichen Tricks ausschalten wollte, kam es 2009 zur außergerichtlichen Einigung, die News Corp 655 Millionen Dollar kostete.

Auch andere Vergehen aus Großbritannien finden sich im US-Geschäft wieder. 2005 geriet eine Klatschkolumnistin der „New York Post“ in die Schlagzeilen, nachdem sie von einem New Yorker Milliardär Schutzgeld verlangt hatte, um schmutzige Geschichten aus der Zeitung zu halten. Auch klassische Bestechung schien im Hause Murdoch üblich zu sein. Für eine gute Kritik zahlten Restaurants dem Klatsch-Chef Richard Johnson angeblich fünfstellige Beträge. Johnson soll weiterhin einen luxuriösen Mexiko-Urlaub im Wert von 50 000 Dollar angenommen haben. Im Gegenzug feierte die Zeitung den spendablen Gönner, den Chef der zwielichtigen Softporno-Firma „Girls Gone Wild“, als „neuen Hugh Hefner“ und lobte sein erfolgreiches Geschäft.

Murdoch will von nichts gewusst haben. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Murdoch selbst will mit all diesen Praktiken nichts zu tun gehabt haben, was ehemalige Insider auf die Barrikaden gebracht hat. „Es gab keine Entscheidung, nicht einmal in der Klatsch-Kolumne, bei der nicht Murdochs persönliche Interessen eine Rolle gespielt haben“, sagte jetzt ein ehemaliger Reporter der „New York Post“ in einem Interview mit dem amerikanischen Magazin „Rolling Stone“.

Bedeutender als Bestechungen im Klatsch-Ressort ist die offene politische Einflussnahme von Rupert Murdoch, der seine Blätter in den USA seit Jahrzehnten benutzt, um eigene finanzielle Interessen durchzusetzen. Das begann mit einer Kampagne für den damals unbekannten Ed Koch, der dank der eifrigen Medienarbeit der Murdoch-Gruppe Bürgermeister von New York und ein Freund des Moguls wurde. Als Jimmy Carter 1980 im Vorwahlkampf gegen Ted Kennedy einen Abstimmungssieg in New York brauchte, unterstützte ihn Rupert Murdoch massiv. Wenig später bekam er von der US-Regierung einen günstigen Kredit über 290 Millionen Dollar, um angeschlagene Blätter seines Unternehmens zu retten.

Mit den Republikanern arbeitete Murdoch noch lukrativer zusammen. Die verlagseigene Buchgruppe gab dem damaligen Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, just dann einen millionenschweren Vertrag, als der Kongress über eine Deregulierung der Medienkonzerne debattierte. Die ging unter George W. Bush weiter, der seinen Wahlsieg fast ausschließlich der gönnerhaften Berichterstattung des Murdoch-Senders Fox News verdankte. Unter der Regierung Bush verhinderte die Telekommunikationsbehörde den Verkauf des Satellitenbetreibers DirecTV an einen Murdoch-Konkurrenten, um wenig später einen Deal mit News Corp durchzuwinken.

Skandale wie diese ziehen sich zahllos durch Rupert Murdochs Leben. Ob er je offiziell belangt wird, ist zur Zeit offen. Um ihn herum rollen hingegen die Köpfe. In Großbritannien haben zahlreiche namhafte Reporter ihre Jobs verloren, in den USA wankt der Star-Talker Piers Morgan, der seit Januar bei CNN die Nachfolge des legendären Talkmasters Larry King angetreten hat. Der selbstverliebte Brite war vor seinem Erfolg in den USA Chefredakteur einiger Murdoch-Blätter, unter anderem der „News of the World“.

An Abhöraktionen will er nie beteiligt gewesen sein, sagte er kürzlich. Doch das ist längst widerlegt – durch Morgan selbst. In einem Essay schrieb er 2007, wie er eine intime Telefonnachricht auf dem Anrufbeantworter von Heather Mills abgehört hatte, die ihr damaliger Freund Paul McCartney hinterlassen hatte. Pikanterweise ist im britischen Abhörskandal eben wegen Heather Mills eine weitere Zeitungsgruppe mit Vorwürfen angeblicher Bespitzelung konfrontiert worden. Das frühere Topmodel warf der Gruppe „Mirror“ vor, ihr Mobiltelefon angezapft zu haben. Ein Journalist habe die Abhöraktion ihr gegenüber 2001 zugegeben, als er Fragen zu einem Streit mit ihrem Ex-Mann, eben auch Paul McCartney, gestellt habe.

Von CNN gibt es noch keine offizielle Stellungnahme zu den Enthüllungen um Piers Morgan. Seine Glaubwürdigkeit hat allerdings unter den Vorwürfen massiv gelitten. Dass er wie sein Vorgänger 25 Jahre das Abendprogramm des Senders dominiert, ist eher unwahrscheinlich.

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