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Folgen die Gespräche zwischen Kalle (links) und Candy darüber, wie ihr "Newtopia" aussehen soll, einem Drehbuch?

© Tsp

Update

Personelle Konsequenzen: "Newtopia"-Panne: Verantwortliche Mitarbeiterin abgelöst

Eine Kamera hat gefilmt, wie eine Mitarbeiterin der "Newtopia"-Produktionsfirma mit den Bewohnern über mehr Dynamik in der Sendung diskutiert. Das hat sie den Job gekostet.

Die Panne bei der Sat.1-Realityshow „Newtopia“ hat personelle Konsequenzen. „Wir bestätigen, dass wir angemessene Schritte unternommen haben“, erklärte eine Sprecherin der Produktionsfirma Talpa am Dienstag. „Die verantwortliche Person wurde von ihrer Tätigkeit entbunden.“ Eine Panne in der Nacht zum Montag hatte zuvor Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Realitysendung geweckt, an der nichts gestellt sein soll, wie Sat 1 immer geworben hat. Bei einer teils hitzigen Besprechung von Kandidaten mit einer Talpa-Mitarbeiterin war - offenbar versehentlich - eine Kamera mitgelaufen. Die Mitarbeiterin hatte mit den Teilnehmern der Show darüber gesprochen, wie mehr Dynamik ins Geschehen kommen könnte.

Mehr als 100 Kameras begleiten das Treiben und Tun beim Fernsehexperiment "Newtopia". Da hat die Produktionsgesellschaft Talpa Germany alle Hände voll zu tun, dass auch keine einzige Kamera ein Eigenleben entwickelt. Eine hat aber es geschafft und Bemerkenswertes in der Nacht zu Montag beobachtet - eine hitzige Diskussion zwischen den Kandidaten und den Produzenten von "Newtopia". Und schon wuchsen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Reality-Sendung. Anders als von Sat1 behauptet bekommen die Bewohner doch von außen Regieanweisungen? Angeblich sollen die "Newtopianer" selbstbestimmt und unbeobachtet ihre eigene Welt kreieren. Sat 1 hat den Vorgang hat bestätigt und eilfertig um Entschuldigung gebeten.

Auf dem Mitschnitt spricht eine Vertreterin der Produktionsfirma: „Ich telefoniere wirklich täglich mit (Produzent) John de Mol.“ Und weiter: „Es geht immer darum: noch mehr mehr mehr. Natürlich gibt es immer wieder Wünsche.“ Gefragt seien „große Projekte“, etwa dass Bewohner ein Baumhaus bauen oder Tätowierungen anbieten. Sat 1 warb immer damit, dass nichts gestellt sei. Unterhaltungschef Taco Ketelaar hatte gesagt: „Das Programm ist echt, es ist authentisch.“ Im nächtlichen Gespräch melden sich auch Kandidaten zu Wort. Einer wirft den Machern vor, sie würden Entscheidungen nur mit manchen Bewohnern treffen. Das sei intransparent. „Warum werden einzelne Leute in so eine Geschichte eingeweiht? Wenn der Sender Regie-Anweisungen hereingibt, warum schickt er dann nicht jemanden Verantwortlichen herein und wir setzen uns zusammen und diskutieren das aus?“ Wer das sieht und hört, der glaubt vielleicht noch an den lieben Gott, längst aber nicht mehr an "Newtopia". Das ist gemachtes, inszeniertes Fernsehen.

Seit Februar übertragt Sat 1 sein „TV-Experiment“ aus einem Camp in Königs Wusterhausen bei Berlin, bei dem 15 Aussteiger nach eigenen Regeln leben sollen. Die Zusammenschnitte von gut 100 Kameras werden werktags am frühen Abend ausgestrahlt. Der Live-Stream im Internet ist 24 Stunden am Tag zu verfolgen. Die schöne neue Welt der 15 Aktivisten ist über den Zeitraum von einem Jahr geplant. Die Quote ist aber im Sinkflug. Waren es anfangs deutlich über zwei Millionen, guckten in der vorigen Woche noch etwa 1,4 Millionen zu.

Fans fordern eine Absetzung des TV-Formats

Fans reagierten laut dpa sauer auf die Kamera-Enthüllung: „Da das Lügenmärchen nun endgültig aufgeflogen ist und es niemand mehr leugnen kann - ist eine sofortige Absetzung von Newtopia das Beste“, schrieb ein Facebook-User. Die „Newtopia“-Macher betonten in einer Antwort: „Eine Absetzung der Sendung wird es aber nicht geben, denn Sat 1 und wir glauben weiterhin an das Format und unsere Pioniere.“ Eine andere Nutzerin mahnte: „Zur Erinnerung das Konzept von „Newtopia“: 15 Pioniere sollen unbeeinflusst und aus eigener Kraft eine neue Gesellschaft aufbauen.“ In einer Antwort der Produzenten darauf hieß es, die „doofe Aktion“ sei „in dieser Art und Weise (...) einmalig gewesen.“ In einem Statement bei Facebook hielt Sat 1 fest: „Heute in der Nacht war eine Mitarbeiterin der „Newtopia“-Produktionsfirma Talpa Germany offensichtlich bei den Pionieren in der ,Newtopia'-Scheune. Sie hat von sich selbst gesagt, dass sie betrunken sei, und dann mit den Pionieren über die Zukunft von ,Newtopia' gesprochen. Dieses Gespräch konnte man über die 360-Grad-Kamera verfolgen.“ Weiter: „Diese Aktion war nicht mit dem Sender Sat 1 abgesprochen. Trotzdem entschuldigen wir uns aufrichtig dafür. Solche Gespräche sind nicht im Interesse von Sat 1. Wir, das Team von Sat 1, klären gerade auf, wie es zu diesem Vorfall hat kommen können. Wir werden euch so schnell wie möglich über die Hintergründe informieren.“

Sat 1 versucht zu retten, was zu retten ist. Also muss es die Einzeltat einer betrunkenen Mitarbeiterin gewesen sein. Was die Kamera allerdings gesehen und gehört hat, lässt einen anderen, vielleicht den richtigen Schluss zu: Bei "Newtopia" geht es mit fernsehgerechten Dingen zu.

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