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Medien: Rauchen ist gesund

VORSICHT! WERBUNG Im „Spiegel“ wurde der geneigte Leser kürzlich mit einer Reitergruppe in einer wunderschönen Bergwelt konfrontiert: Kanada?

VORSICHT! WERBUNG

Im „Spiegel“ wurde der geneigte Leser kürzlich mit einer Reitergruppe in einer wunderschönen Bergwelt konfrontiert: Kanada? Österreich? Oder ein unberührter Teil Sloweniens? Erst bei näherer Betrachtung stößt er auf eine kleine Marlboro-Lights-Packung mit entsprechendem Schriftzug. Dazu die obligatorische Unterzeile, in welcher der EG-Gesundheitsminister vor den bösen Folgen des Rauchens warnt.

Die Verlogenheit der Anzeige erinnert an die Krombacher-Aktion: Günther Jauch und Steffi Graf fordern deutsche Zecher dazu auf, Krombacher in Zukunft nicht mehr flaschenweise zu kaufen. Sondern als Kasten, weil so die Leber viel schneller schwammig und porös wird. Das Ganze dient natürlich einem guten Zweck: Krombacher möchte nicht wie die sauerländischen Kollegen in Warstein 15 Prozent weniger Umsatz machen. Sondern den Regenwald schützen. Pro Kasten einen Quadratmeter. Und zwar „nachhaltig“, wie Jauch zu verstehen gibt. Wie das zu verstehen ist, weiß nur die Krombacher-Marketingabteilung. Dürfen auf dem Quadratmeterchen Grün keine Elefanten mehr pinkeln? Oder werden Hochascher aufgestellt, damit die Reiter für Marlboro Lights ihre Kippen nicht mehr ins Unterholz werfen müssen?

An dieser Stelle wurde die Regenwald- Aktion schon vor über einem Jahr als widerlicher Reklametrick entlarvt. Schließlich können die Krombacher-Säufer bestenfalls 0,000013 Prozent des weltweiten Regenwalds unter ihre Fittiche nehmen. Inzwischen ist auch dem „Spiegel“ die Augenwischerei aufgestoßen wie abgestandenes Krombacher. Der Berliner Grunewald ist mit seinen 30 Quadratkilometern um 20 Prozent größer als die Waldfläche, die Krombacher schützend einschäumen möchte.

Selbstverständlich bin ich nach wie vor gegen Werbeverbote aller Art, hätte auch nichts gegen eine allgemeine Werbung für Hasch. (Schließlich hängen knapp 20 Prozent aller Bundestagsabgeordneten an der legalen und mindestens ebenso verhängnisvollen Droge Alkohol.) Heute aber komme ich nicht umhin, dem EU-Eiferer David Byrne in einigen Punkten Recht zu geben. Jeder Arzt weiß, dass Klosterfrau Melissengeist alte Damen zu Alkoholikerinnen macht. Jeder Ernährungswissenschaftler kann nachweisen, dass Haribo Kinder nicht nur froh, sondern häufig auch zu Fettklumpen macht.

Und dass ich durch Marlboro Lights nicht zum frohen Reitersmann werde, sagt mir täglich meine Lunge. Zwar will ich in der Werbung keine torkelnden Omas, rollenden Kinderrouladen oder Röntgenbilder von schwarzen Lungen sehen. Aber, liebe Firmen und Werbeagenturen, hört bitte auf, so schamlos zu lügen. Zeigt mir einen besoffenen Typen mit überquellendem Aschenbecher. Auch das kann lustig sein.

Reinhard Siemes

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