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RTL: Form von Prostitution

RTL gerät immer stärker unter öffentlichen Druck. Lauter und lauter wird vom Privatsender verlangt, er solle die geplante Reihe "Erwachsen auf Probe" absetzen.

„Wir fordern RTL dringend auf, die Serie nicht auszustrahlen und keine weiteren, die Entwicklung der Kinder gefährdenden, gleichgearteten Sendungen mehr zu produzieren“, erklärte die Kinderkommission des Deutschen Bundestags am Donnerstag in Berlin. Eine RTL-Sprecherin wies die Forderung zurück: „Wir werden die Reihe wie geplant ausstrahlen.“

In der siebenteiligen Reihe, die am 3. Juni startet, geben Eltern ihre Babys oder Kleinkinder für bis zu vier Tage aus der Hand, um sie jüngeren Paaren zu überlassen, die das Elternsein proben wollen. Der Sender betonte, dass die Eltern jederzeit über ein Kameraüberwachungssystem ihren Nachwuchs beobachten und auch zurücknehmen konnten. Krankenschwestern, Ärzte und Psychologen hätten außerdem bereitgestanden.

Den Kritikern reichen diese Maßnahmen nicht. RTL instrumentalisiere in diesem Sendeformat Kinder in unverantwortlicher Weise, hieß es von der Kinderkommission. „Die Produzenten dieser Sendung setzen insbesondere kleine Kinder bewusst existenziellen Ängsten aus und nehmen die seelische Gefährdung der Kinder billigend in Kauf. Das Kindeswohl ist selbst durch psychologische Betreuung im Umfeld nicht gesichert.“ Auch der Hebammenverband protestierte gegen die Sendung, verlangte ihr Verbot und sprach von einer „neuen Form der Prostitution“, da Säuglinge im grellen Licht der Öffentlichkeit ausgesetzt würden.

„Es ist unbestritten, dass in Deutschland die Zahl der Teenager-Mütter und der Schwangerschaften bei minderjährigen Mädchen kontinuierlich zunimmt und dass viele Jugendliche leider nicht ,reif’ für eine Familiengründung sind“, sagte RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger. „Auch wegen dieser großen sozialen Relevanz machen wir das Projekt und sehen es als eine soziale Reifeprüfung für Jugendliche.“ Im übrigen habe der Sender alle Folgen der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) vorgelegt. Es habe keine Beanstandung gegeben.

Ob die Kritiker angesichts dieser harten Haltung des Senders ihr Ziel erreichen, scheint fraglich. Die Situation könnte sich erst ändern, wenn Werbekunden aufgrund der öffentlichen Diskussion vor einer Platzierung ihrer Produkte im Umfeld der Sendung zurückschrecken und somit auch wirtschaftlichen Druck auf RTL ausüben. Doch kein Unternehmen habe Vorbehalte gegenüber „Erwachsen auf Probe“ geäußert, sagte eine Sprecherin des RTL-Werbezeitenvermarkters IP Deutschland. „Die Anbuchung ist gut.“

Sollte jedoch eine unbefriedigende Nachfrage seitens der Werbekunden den Kölner Privatsender zum Handeln zwingen, hat RTL wohl keine andere Wahl, als das Format vor Beginn der Ausstrahlung kurzfristig aus dem Programm zu nehmen. Denn mehr als eine Feinjustierung ist nicht mehr möglich: Alle Folgen liegen schon fertig aufgezeichnet vor.

Interessant wird auch die Reaktion der „Bild“-Zeitung sein, die wie bei der „DSDS“-Show eng mit RTL zusammenarbeitet. Moderatorin von „Erwachsen auf Probe“ ist Katja Kessler, Kolumnistin, Autorin und Ehefrau von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann. dpa/Tsp

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