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"Schenk mir dein Herz" mit Peter Lohmeyer: Jazz rettet Leben

Steigt stark ein und schwächt dann ab: Der Freitagabendfilm auf Arte bleibt hinter seinem Potenzial zurück.

Von Susanna Nieder

So stellt man sich einen alternden Schlagerstar vor: lila Jackett zu blütenweißer Röhrenjeans und weißen Schuhen, passable Figur. Die vorwiegend weiblichen Fans liegen ihm seit Jahrzehnten zu Füßen, sein Manager liebt ihn für die Kohle, die er mit ihm macht. Und er selbst, der von Herz und Schmerz singt, ist richtig fies. Genau so einer ist Alexander Ludwig (Peter Lohmeyer) in „Schenk mir dein Herz“, das begreift der Zuschauer schon in den ersten, präzise erzählten Minuten (Regie: Nicole Weegmann). Dann kommt ein Schnitt, und alles ist anders – der Star wirkt desorientiert. Nach einem Herzinfarkt hat er vergessen, was in den vergangenen zehn Jahren passiert ist. Er erkennt seine zweite Frau Maria (Mina Tander) nicht mehr und will heim zu seiner ersten, verlassenen Frau Edda (Catrin Striebeck).

Was hätte man aus diesem Film alles herausholen können! Peter Lohmeyer spielt großartig die Verunsicherung hinter der mühsam aufrecht erhaltenen Glitzerfassade. Seine Amnesie ist die Katastrophe, in der die Chance zur Erneuerung steckt. Heinrich, den er in der Rehaklinik kennenlernt und der ihm den Weg ins Leben zeigt, ist ein Besetzungscoup: Paul Kuhn, der alte Jazzer und Big-BandLeiter. Sein 83-jähriges Gesicht wirkt uralt und zerknittert, doch wenn er spricht, ist er präsent wie ein 40-Jähriger. Die Szene, wie Heinrich und Alexander miteinander improvisieren, ist die beste.

Wie kann ein Drehbuch (Ruth Toma), das so spannend beginnt, so abschmieren? Ein Weilchen geht es noch ganz gut. Der alte Jazzclub von Heinrich soll zugemacht werden, den gilt es zu retten. Ein Herzensthema wäre gefunden, an dem entlang sich Alexander in ein neues Leben hangeln könnte. Doch die Geschichte kommt ins Trudeln, es läuft auf Friede, Freude, Eierkuchen hinaus. Alexander verliert weder Freund noch Frau, weder Ruf noch Geld. Am Ende singt er mit Maria Jazz, selbst die Schlagerfans klatschen. Der Protagonist bekommt seine Menschwerdung gratis, und den Preis bezahlt der Zuschauer. Susanna Nieder

„Schenk mir dein Herz“, 20 Uhr 15, Arte

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