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Schlagabtausch: Vom Fall zum Knall

"Durchgeknallt": Jörg Kachelmann kritisiert die Justiz – mit Folgen?

Jörg Kachelmann spricht in der „Zeit“, die Ex-Geliebte öffnet sich der „Bunten“, Kachelmann legt in der Schweizer „Weltwoche“ nach. Beide werfen ordentlich Dreck aufeinander – und gemeinsam auf die Justiz. Mit dem Urteil sind, wie zu erwarten war, beide unzufrieden. Der, trotz laufenden Verfahrens, zunehmend unbefangen formulierende Kachelmann kennt kaum noch eine Grenze. Die Staatsanwälte, die ihn angeklagt hatten, sind für ihn vor allem: „durchgeknallt“.

Das Wort taucht gleich zweimal in der „Weltwoche“ auf, die Herren seien eine Gefahr für den Rechtsstaat, sie hätten eine Rufmordkampagne betrieben und dergleichen. Nun begibt sich der Moderator damit erneut und diesmal aus freien Stücken in die Nähe der Strafjustiz. Ob man einen Staatsanwalt in Deutschland „durchgeknallt“ nennen darf oder ihn damit strafbar beleidigt, hat die Gerichte bis zum Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Seinerzeit hatte der ehemalige „Zeit“-Herausgeber Michael Naumann, heute „Cicero“-Chefredakteur, einen Ankläger derart tituliert. Er sah großes Unrecht darin, dass der Kokain-Verdacht gegen den TV-Moderator Michel Friedman publiziert wurde. Friedman wurde später verurteilt, Naumann auch, allerdings war er 2009 mit einer Verfassungsbeschwerde erfolgreich. „Durchgeknallt“ könne ehrverletzend sein, muss aber nicht. Naumann habe hier seine Meinung geäußert, niemanden geschmäht.

Und Kachelmann? Die Staatsanwaltschaft Mannheim will sich noch nicht äußern, ob sie einen Strafantrag stellt. Aber es könnte passieren, zumal Kachelmann die viel kritisierte Justiz selbst benutzt, um gegen die Presse vorzugehen. Es schlösse sich ein Kreis. Der von Naumann Gerügte war Berlins damaliger Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge, der zum Kachelmann-Verfahren sagte, er würde seiner Tochter nicht raten, eine Vergewaltigung anzuzeigen. Naumanns Anwalt in Karlsruhe hieß Johann Schwenn, jener polternde Jurist, der Kachelmann vertrat. Und in „Cicero“ hatte sich Schwenn für dieses Mandat mit harscher Kritik an der Staatsanwaltschaft bewerben dürfen. Jost Müller-Neuhof

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