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Stasi-Schnipsel

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Update

Stasi-Verdacht beim Deutschen Journalisten-Verband: Vorsitzender des DJV-Landesverbandes Berlin unter Stasi-Verdacht

Bernd Lammel, Vorstandsmitglied und Chef des Berliner DJV-Landesverbandes, soll laut RBB-Informationen in den 80er-Jahren als Informeller Mitarbeiter tätig gewesen sein. Vieles scheint an der Sache aber noch ungereimt.

Den Dokumenten zufolge soll Lammel seit 1984 Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gewesen sein und den Decknamen "IM Michael" getragen haben, berichtet die RBB-"Abendschau". Eingesetzt wurde er demnach in der Hauptabteilung II, also der Spionageabwehr. Lammel sei ein so genannter Reisekader gewesen und durfte somit in den Westen reisen.

Für Roland Jahn, den Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen, ist das kein Einzelfall: "Es sind ganz bewusst Reisekader eingesetzt worden, um Informationen aus dem Westen für die Stasi zu sammeln." Auch Journalisten seien als Stasi-Mitarbeiter eingesetzt worden, so dass Informationen "professionell gesammelt" worden seien, sagte Jahn im RBB.

Laut Vorgangsheft des Stasi-Führungsoffiziers soll dieser für "IM Michael" eine Akte angelegt haben - doch heute sind diese Unterlagen unvollständig; Teile daraus seien verschwunden. Der Stasi-Unterlagenbehörde lägen konkrete Hinweise vor, die es erlauben, den Decknamen "IM Michael" Bernd Lammel zuzuordnen. Name und  Registriernummer fänden sich sowohl für eine konspirative Wohnung, in der sich "IM Michael" offenbar mit seinem Stasi-Offizier traf, als auch in entgegengenommenen Berichten wieder.

Keine Rechtfertigung

Der Landesverband Berlin des DJV (Deutscher Journalisten-Verband) sagte dem Tagesspiegel, man habe den RBB-Bericht zur Kenntnis genommen, könne im Augenblick aber nichts weiter sagen, so lange man keine Akteneinsicht habe. Diese sei beantragt. Danach wolle man sich dazu äußern.

Das Ganze wirkt noch ziemlich zusammen gepuzzelt. Auftragsgemäß  solle Lammel - laut RBB - jahrelang in West-Berlin und der Bundesrepublik zahlreiche Kontakte zu Fotokonzernen, Bildagenturen und Journalisten des Ullstein-Bilderdienstes geknüpft haben. In seiner Biografie schreibt Lammel, dass er zu DDR-Zeiten unter Pseudonym für den Ullstein-Verlag gearbeitet habe. Informationen über einen Besuch beim britischen Botschafter seien für die Stasi wohl erfolgreich gewesen und wurden entsprechend verwertet.

Am Telefon soll Bernd Lammel laut RBB-"Abendschau", bestritten haben, Inoffizieller Mitarbeiter gewesen zu sein. Er habe aber zugegeben, sich mit einem Stasi-Mitarbeiter getroffen und Informationen weitergegeben zu haben - oft auch falsche. Später habe er dies auch im Auftrag des Westens getan. An wen, sei geheim.

Ein persönliches Gespräch, das Lammel dem RBB für Sonntag versprochen hatte, habe dieser kurzfristig abgesagt. Er hätte kein Bedürfnis, sich zu rechtfertigen, so seine Begründung.

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands Michael Konken hat Lammel indes aufgefordert, vorerst sein Amt ruhen zu lassen. Konken: „Diese Vorwürfe müssen lückenlos aufgeklärt werden." Vergangene Woche erst war der gesamte Vorstand des DJV Sachsen-Anhalt wegen Stasi-Vorwürfen geschlossen zurückgetreten.

Der Gesamtvorstand des Deutschen Journalisten-Verbands hat sich am Montag in Kassel einstimmig für eine Stasi-Überprüfung aller Funktionsträger im DJV ausgesprochen. Anlass sind aktuelle Veröffentlichungen über Stasi-Verflechtungen einzelner DJV-Funktionsträger in Sachsen-Anhalt und Berlin. Die Verantwortlichen auf allen Ebenen im DJV sollten sich an die Stasi-Unterlagenbehörde wenden und Auskunft über möglicherweise vorhandene Akten verlangen. Der DJV-Gesamtvorstand legt Wert darauf, dass alle DJV-Repräsentanten, also auch in Westdeutschland, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Stasi-Unterlagenbehörde vorweisen können. meh

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