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Medien: Stirb albern

Die ARD wählt für ihre neue Comedy ein ungewöhnliches Milieu: die Bestatter

Leichen pflastern ihren Weg, sie aber posieren lässig für die Fotografen – am Grabstein aus grauem Pappmaché. So lammfromm hat man Gerburg Jahnke und Stephanie Überall, besser bekannt als die „Missfits“, selten gesehen; seit 18 Jahren sind sie auf deutschen Kabarettbühnen in zumeist feministischer Mission unterwegs. Mit dem falschen Grabstein präsentieren sie und der WDR ihr neuestes Projekt, eine zunächst sechsteilige „Komödien-Serie“, die ab dem heutigen Freitag in der ARD zu sehen ist und in einer bislang fernsehfremden Branche spielt – mit Hilfe der „Missfits“ darf jetzt nämlich fröhlich gestorben werden.

In „Der Tod ist kein Beinbruch“ sind Jahnke und Überall als zwei verfeindete Schwestern plötzliche Erbinnen eines Oberhausener Bestattungsinstituts, mit dem sie zunächst herzlich wenig anfangen können. Mimi (Gerburg Jahnke), die Männer mordende Kettenraucherin mit Christbaumkugeln an den Ohren, hat gerade ihren Job als Sängerin in einem Etablissement gekündigt, in dem es mehr Salmonellen als Gäste gab. Hilde (Stephanie Überall) ist studierte Biologin und hat soeben ihren drögen Ehemann verlassen. Das Bestattungsinstitut vermacht ihnen Onkel Hubert, dazu 26 Urnen und 12 Särge. Leider hat er auch verfügt, dass die Nichten den Laden drei Jahre lang weiterführen müssen. Undenkbar, finden sie – doch da meldet sich schon der erste Tote, und Mimi und Hilde stolpern Hals über Kopf ins Bestattungswesen.

Ohne Erfahrung und mit wenig Pietät, dafür aber mit erfrischenden Einfällen und viel Spontaneität geben die Neulinge im „Sterbe-Gewerbe“ ihren Kunden das letzte Geleit. Und den braven Oberhausener Bürgern gefällt’s. Doch die Branche kann auch ziemlich hart sein. Vor allem Konkurrent und Franchise-Unternehmer Pelzer (Michael Brandner) macht ihnen das Leben schwer…

Zickig, zweideutig und zupackend sind Mimi und Hilde, wie ihre geistigen Mütter, die ,Missfits’ auch. Obwohl die ARD schon entschärfend eingegriffen hat, geht da ein Witz auch mal unter die Gürtellinie. „Auf der Bühne lassen wir das aber weiterhin raus!“, versichert Überall; Jahnke kann dazu wegen einer Stimmbandoperation nur heftig nicken.

Schon 1994 brachten die beiden als Matta und Lisbett auf der Bühne zahlreiche Menschen unter die Erde. Jahre vergingen, ehe die ARD Interesse zeigte. Inzwischen ist in den USA die Bestatter-Serie „Six feet under“ höchst erfolgreich, und hat sogar einem neuen Genre den Weg gewiesen: der „Bestattercomedy“. Die ARD frohlockt. „Mit dem Thema haben wir die Nase vorn“, sagt Winfried Bonk, Chef der WDR-Fernsehunterhaltung. „Deshalb freuen wir uns auch, Mimi und Hilde mit dem Termin am Freitag um 22 Uhr 15 in direkte Konkurrenz zur RTL-Comedy zu stellen.“

Unbedingt eine Komödie, die im Ruhrgebiet spielt, wollte die ARD machen. Und tatsächlich lebt die Geschichte, von Dietmar Jacobs gut geschrieben und von Franziska Schmela gut besetzt, vom Milieu und seinen Typen.

Achselzuckend und pragmatisch, ohne Firlefanz – so sind die Oberhausener. Da stellt Bestattungsfachgehilfe Krämer (Gottfried Vollmer) seine Biere in den Kühlfächern für die Leichen kalt, und die Pfarrerin, die Irm Herrmann herrlich bigott spielt, liebt nicht nur den Herrn, sondern auch Rot-Weiß-Oberhausen über alles. Einziges Problem der Serie: Die ARD wollte auch „so viel ,Missfits’ wie möglich“.

Und das ist manchmal denn doch zu viel. Mimi und Hilde wollen stets das letzte Wort behalten, die beste Pointe. Die Zickigkeiten fliegen hin und her, aber die schöne Geschichte steht still.

Annette Schmiede

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