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Medien: Struve und Anti-Struve

ARD-Programmdirektor Günter Struve will ZDF-Intendant werden. Unter einer entscheidenden Bedingung: Wenn er sich am Freitagmorgen dem 77-köpfigen Fernsehrat zur Wahl stellen soll, dann dürfe es keinen Gegenkandidaten geben.

ARD-Programmdirektor Günter Struve will ZDF-Intendant werden. Unter einer entscheidenden Bedingung: Wenn er sich am Freitagmorgen dem 77-köpfigen Fernsehrat zur Wahl stellen soll, dann dürfe es keinen Gegenkandidaten geben. Der Programmdirektor aller ARD-Anstalten möchte der Kandidat aller ZDF-Fernsehräte sein. Dies hat Struve den Emissären aus dem politischen Raum sehr deutlich erklärt. Struves bedingte Bewerbung stürzt Mitglieder des "schwarzen Freundeskreises" im Wahlgremium in tiefe Verwirrung. Der Vorschlag kommt nämlich aus Kreisen der Union, Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel wird da und dort als Urheber der Personalie genannt. Ministerpräsidenten der SPD wie Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) und Wolfgang Clement (Nordrhein-Westfalen), beide mit Sitz und Stimme im ZDF-Verwaltungsrat, scheinen einverstanden. Der "Aufstand der schwarzen Basis" rührt, wie politische Kreise berichten, von der Tatsache her, dass Struve allen anderen Parteien ferner steht als der SPD. Struve hat die sozialdemokratische Partei zwar verlassen, aber ist er deswegen zu den Unionisten übergelaufen?

Ein Alleinkandidat Struve würde den Rückzug aller konservativen Bewerber bedeuten müssen. Das sind immerhin drei aus dem ZDF: Programmdirektor Markus Schächter, der stellvertretende Chefredakteur Helmut Reitze und Gottfried Langenstein, Direktor Europäische Satellitenprogramme. Drei Männer, die sich für die konservative Sache ins Zeug gelegt haben - und jetzt für einen Günter Struve verzichten sollen? Ein derartiges Szenario - Schwarze stimmen für einen gewendeten Roten - gilt für den Vordenker des "schwarzen Freundeskreises", den ehemaligen "Bayernkurier"-Chefredakteur Wilfried Scharnagl, als frivoles Gedankenspiel. Anderen erscheint es mindestens so frivol, dass Scharnagl seinen nächsten Arbeitsplatz bereits kennt: Er wird den Vorstand der Kirch-Gruppe beraten und zwar "bald", wie Konzernsprecher Torsten Rossmann sagte.

Scharnagl ist wie alle Struve-Gegner unter Druck. Es muss sich eine personelle Alternative zum ARD-Programmdirektor finden lassen. Wäre der Gegenkandidat gefunden, wäre Struve zwar verscheucht, doch der eigene Mann noch nicht gewählt. Es gilt, 47 Stimmen zu gewinnen. Über diese Mehrheit verfügen weder der sozialdemokratische noch der unionsnahe Freundeskreis. Der "Gegen-Struve" hat zudem den Makel, ein "Anti-Struve" zu sein, einer, der vor allem aus Taktik unterstützt worden ist. Da nehmen sich die ARD-Personalien im Anschluss an eine Struve-Wahl wie eine Fingerübung aus. Neuer ARD-Programmdirektor würde NDR-Fernsehchef Jürgen Kellermeier.

jbh

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