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Talk: Will, Jauch und Real Madrid

Die ARD hat ein Luxus-Problem. Anne Will ist derzeit so gut, dass man sich fragt: Wozu eigentlich Günther Jauch?

Am Ende hätte man sich gerne gewünscht, dass Arend Oetker, der reiche Unternehmer in der vierten Generation, aufsteht und ein paar Scheine im Publikum verteilt, aber so weit ging die ansteckend gute Laune und Moderation von Anne Will dann doch nicht. „Millionäre zur Kasse – mehr Spenden, mehr Steuern, mehr Gerechtigkeit?“, so das Thema in der ARD am späten Sonntagabend. Das musste nicht unbedingt eine unterhaltsame Runde werden, aber sie wurde es, genauso übrigens wie neulich der Talk zum Thema Kachelmann. Linkspartei-Millionär Diether Dehm und PR-Mann Klaus Kocks gegen Finanzhaie, Oetker und US-Journalistin Heather Lisle gegen Vermögenssteuer und zu viel Abgaben in Deutschland, zwischendrin der Unternehmer und Schlossbesitzer Ernst Prost, der den Umgang des Staats mit Steuergeldern kritisierte, sowie, Überraschung!, heftigst eine deutliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes forderte. Ein munterer Schlagabtausch mit vielen Affekten und Effekten, der in Dehms Satz gipfelte, Spiegel online sei der verlängerte Arm der Finanzhaie. Hört, hört. Über allem aber, und das gab’s selten genug in den letzten Jahren: die Moderatorin. Wenn nicht alles täuscht, läuft Anne Will nach ihrer Rückkehr aus der Sommerpause zu ganz großer Form auf. Am 10. Juni erst gab die ARD bekannt, dass Jauch, der verlorene Sohn, nach den gescheiterten Gesprächen 2007 ab 2011 eine wöchentliche Talkshow auf dem renommierten Sendeplatz am Sonntagabend moderieren wird, um 21 Uhr 45 im Ersten. Statt „Anne Will“. Für die muss die ARD nun einen attraktiven Sendeplatz unter der Woche suchen, was schwer genug werden wird angesichts der Beckmann, Maischberger, Plasberg, Schmidt & Co. Das hat — starmoderatorenmäßig — etwas vom Spielerpersonal bei Real Madrid.

Drei Talk-Sendungen hat Anne Will seit der Sommerpause gemacht. Man könnte meinen: Da sitzt jetzt ein ziemlich tiefer Stachel. Oder Ansporn genug. Die Moderatorin ist locker, humorvoll, selbstironisch, energisch, nachfragend. Erholt sowieso. 4,15 Millionen schauten Anne Will am Sonntagabend zu. 14,9 Prozent Marktanteil, das liegt über dem Schnitt. Die ARD hat ein Luxusproblem. Wozu eigentlich genau Günther Jauch?

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