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Tanzwettbewerb: London Calling

Nach dem Erfolg von „Let’s Dance“ hat auch die ARD einen Tanzabend: Der Eurovision Dance Contest. Anders als im Song Contest nehmen nur 16 Paare teil. Länder vom Balkan sind nicht dabei.

„Hoppel-Wolke“, das wäre doch was. Guter Gesprächsstoff für Montagmorgen im Büro, nach dem neuen großen Tanzding im Fernsehen: dem Eurovision Dance Contest, der heute Abend in der ARD startet. Walzer, Jive und Quickstep, Promitänzer live im Wettbewerb vor einem Millionenpublikum – RTL erzielte damit in zwei Staffeln „Let’s Dance“ 2006 und 2007 beachtliche Quotenerfolge und Riesenaufmerksamkeit. Geredet wurde dabei vor allem über die Teilnahme der ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin. Von Heide Simonis als Teil ihres Engagements für das Kinderhilfswerk der Unicef ausgegeben, veranstaltete die „Bild“-Zeitung während des achtteiligen Ausscheidungsturniers eine Kampagne gegen „Hoppel-Heide“. Simonis gab schließlich aus gesundheitlichen Gründen auf.

Ganz so diskussionswürdig dürfte die ARD mit ihrer Tanzübertragung aus London nicht sein. Die weitgehend eher unbekannte Schauspielerin Wolke Hegenbarth, 27 („Mein Leben und ich“), startet zusammen mit Profitänzer Oliver Seefeld für Deutschland. Beide waren auch schon national für RTL bei „Let’s Dance“ unterwegs, was WDR-Unterhaltungschef Axel Beyer aber nicht weiter stört. „In der europäischen Konkurrenz ist das eine ganz neue Herausforderung für sie. Und die Zuschauer mochten das Paar, warum sollten wir sie ihnen jetzt vorenthalten?“

Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass das Erste den Trend verschlafen hat. Von wegen frischer Wind in der ARD-Abendunterhaltung. „Es sieht vielleicht ein bisschen blöd aus, dass wir jetzt mit dem Dance Contest kommen“, so Beyer. „Let’s Dance“ ist eine deutsche Adaption des BBC-Formates „Strictly Come Dancing“. Und die ARD habe schon vor RTL mit dem öffentlich-rechtlichen, britischen Sender darüber verhandelt. „Die BBC hatte damals allerdings Auflagen gemacht, die dann nur RTL in seinem Programm erfüllen konnte.“

Immerhin: nach der „Tagesschau“ mal keine Volksmusik oder Jörg Pilawa, der Allgegenwärtige, in der ARD-Primetime am Samstagabend. Schöne Frauen, schöne Kleider, langsamer Walzer, Paso Doble oder Freestyle, man darf wetten, dass das ZDF auch schon an seinem eigenen Tanzformat bastelt, moderiert von Kerner oder Thomas Gottschalk. Die ARD hat einen Vorteil. Sie kann ihr Tanzprogramm mit allem Drum und Dran (45 Minuten Countdown, Moderator Thomas Anders, Mammutunterhaltung bis kurz vor Mitternacht) in die Kulttradition des European Contest stellen, dessen Sangesvariante seit 51 Jahren für Quote und Schlagzeilen sorgt. Mal mehr, mal weniger. Warum das Ganze im Kern nicht auch mal nonverbal, schwärmt Axel Beyer von dieser Art Unterhaltung. „Es handelt sich um einen Test. Und der Eurovision Song Contest wird ja schon seit Jahren totgesagt. Quotenmäßig sind wir da immer noch auf hohem Niveau.“

Ausrichter ist die BBC, im Auftrag der EBU. Anders als Heide Simonis soll Wolke Hegenbarth seit Jahren privat Ballett tanzen, was ihre Chancen gegen die europäischen Paare, überwiegend Profis, trotz routiniertem Partner nur unwesentlich erhöht. Eine Siegeshoffnung wäre vermessen. Axel Beyer glaubt an einen guten Platz im vorderen Mittelfeld. Die Regeln sind relativ einfach. Die Paare müssen ihr Talent in zwei verschiedenen Disziplinen unter Beweis stellen: lateinamerikanischer oder Standardtanz und eine Kür, „in der sich die Paare tänzerisch austoben können“, so die vielversprechende Ankündigung. Die unter Metallern beliebte Tanzform Headbanging dürfte nicht angesagt sein. Wer den Contest gewinnt, entscheiden die Zuschauer per Telefonvoting, und die sind am Samstagabend nicht nur in der ARD älter und konservativer als in der Woche.

Unabhängig von Darbietung, Choreografie, Kostüm oder Musikauswahl – einen Vorteil hat der Eurovision Dance Contest. Im Gegensatz zum Song Contest sind die Deutschen nicht chancenlos gegen eine Übermacht von osteuropäischen Kleinstaaten, die sich beim Liederwettbewerb gegenseitig Punkte schenken. Es nehmen nur 16 Paare teil. Balkanländer sind nicht dabei.

„Eurovision Dance Contest“, ARD,  20 Uhr 15

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