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"Die Gier is a Hund": Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) ermitteln nach einem tödlichen Unfall im Chemiewerk.

© ORF

"Tatort: Gier" enttäuscht mit platter Story: Geld oder Liebe

Im 950. „Tatort“ sind die Wiener Kommissare Bibi Fellner und Moritz Eisner kriminellen Unternehmern auf der Spur. Dabei werden leider zu viele Klischees bedient.

Spezialeffekte sind nie die Stärke des „Tatort“ gewesen, aber was den Zuschauern am Sonntag ausgerechnet in der 950. Folge geboten wird, ist fast schon unverschämt. Gleich zu Beginn ereignet sich ein Unfall im Chemiewerk, eine junge Mitarbeiterin wird mit Flusssäure verätzt. Schreiend zerrt der Kollege sie unter die Rettungsdusche, wo sie sich den Schutzanzug vom Leib reißt, bis nicht nur die verletzte Schulter, sondern auch der Busen blank liegt. Ganz gereicht hat die Theaterschminke offenbar nicht, die Wunde wirkt recht lieblos gestaltet. Und genau diese Lieblosigkeit zieht sich leider durch die komplette Folge „Gier“.

Eigentlich sind Fellner und Eisner nicht zuständig

Die Kommissare Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) müssen darin einen Fall von Wirtschaftskriminalität lösen, allerdings unfreiwillig. Nur, weil die Tote das Patenkind ihres Chefs Ernst Rauter (Hubert Kramar) ist, geben sie nach. Allerdings spielt der Unfall im Laufe der Folge kaum noch eine Rolle. Vielmehr dient er lediglich als Aufhänger für ein Familiendrama (Buch: Verena Kurth, Regie: Robert Dornhelm) um Geld und Liebe.

Das Chemieunternehmen, in dem sich die junge Frau verletzt hat, gehört zu den traditionellen Wendler-Werken, deren Chef und Erbe Peter Wendler (Anian Zollner) im Gefängnis sitzt, weil er seine Frau Sabrina (Maria Köstlinger) verprügelt haben soll. Während er seine Strafe absitzt, pflegt sie ein Verhältnis mit seinem früheren Freund und neuen Geschäftsführer Viktor Perschawa (Michael Masula), den sie so gut unter Kontrolle hat wie ihre Kontoeingänge. Bis zum Unfall. Eigentlich wollten sie die Wendler-Werke verkaufen und sich ins Ausland absetzen, doch nun bekommt Sabrinas Lover Gewissensbisse und verweigert seine Unterschrift unter dem Verkaufsvertrag: „Ich fühle mich irgendwie verantwortlich. Der Tod hat etwas in mir ausgelöst.“

Sabrina Wendler (Maria Köstlinger) hat ein Verhältnis mit dem Firmenanwalt Viktor Perschawa (Michael Masula).
Sabrina Wendler (Maria Köstlinger) hat ein Verhältnis mit dem Firmenanwalt Viktor Perschawa (Michael Masula).

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Und schon sind wir mittendrin in einem regelrechten Feuerwerk aus Plattitüden. „Meine Roswitha hat sterben müssen, weil solche Leute wie ihr, die ihr eh schon alles habt, nie genug bekommen könnt“, darf der trauernde Ehemann Helmut (Eugen Knecht) schluchzen. Als sein Anwalt mögliche Entschädigungszahlungen anspricht, empört er sich: „Es geht mir doch nicht ums Geld.“

Helmut (Eugen Knecht) versucht auf eigene Faust, den Unfalltod seiner Frau Roswita aufzuklären.
Helmut (Eugen Knecht) versucht auf eigene Faust, den Unfalltod seiner Frau Roswita aufzuklären.

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Nein, ums Geld geht es selbstverständlich allein den gierigen Unternehmern, die aus Profitsucht am Material der Schutzanzüge sparen und damit den Tod der jungen Frau riskiert haben. Der inhaftierte Peter Wendler scheint die große Ausnahme zu sein. Wollte er doch gegen den Willen seiner geldgeilen Frau nicht nur eine faire Produktionskette für die Herstellung der Anzüge aufbauen. Sondern er hat auch noch den Studenten Gupta Kumar (Thomas Nash) aufgenommen, dessen Eltern bei einem Feuer in den Wendler-Werken ums Leben gekommen sind. Nun betätigt sich Gupta als Gärtner im Wendlerschen Haushalt. Achtung, aufgepasst: Gärtner, Mörder – gibt es da nicht auch so eine schöne Weisheit?

Aber bis dahin hat sich der Krimi längst verrannt in seinen Klischees und Plattheiten. Da kann auch das charmante Duo Neuhauser und Krassnitzer nichts mehr retten. Schade, die Chance auf einen spannenden Wirtschaftskrimi ist damit vertan.

„Furchtbar ist das alles“, seufzt Elisabeth Schneider (Johanna Mertinz), Chefsekretärin in den Wendler-Werken, am Ende über die Vorgänge im Unternehmen. Und bringt die „Tatort“-Folge damit auf den Punkt. Sonja Álvarez

- „Tatort: Gier“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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