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Medizinstudentin Mia (Natalia Rudziewicz, rechts) bringt die Ermittlungen durcheinander. Kommissarin Klara Blum (Eva Mattes) reagiert argwöhnisch.

© SWR/Peter Hollenbach

Tatort-Kommissare ohne Privatkram: Ein Krimi, Gott sei Dank!

Der Bodensee-"Tatort" ermittelt in einem Leukämie-Fall. War es Mord oder war es Selbstmord? Die Aufklärung ist spannend.

Zuletzt wurde die „Tatort“-Gemeinde auf einige harte Proben gestellt. Verwurschtelte Plots, manierierte Regieeinfälle und zu allem Überdruss Schauspieler, die offenbar nie Sprechen gelernt haben, sondern allenfalls Nuscheln. Da kommt dieser Bodensee-„Tatort“ gerade recht: Endlich einmal wieder ein Kriminalfall und keiner für den Psychiater. Na gut, ein bisschen Tiefgang – oder was „Tatort“-Autoren (Buch: Stefan Dähnert) dafür halten – muss auch in Konstanz sein. Aber zumindest bleibt Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes) von jenen privaten Herz-Schmerz-Verwicklungen verschont, die ansonsten alle Ermittler von Conny Mey bis Inga Lürsen befallen haben.

Allein Assistent Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) erliegt den Reizen einer liebeshungrigen, mit todbringender Krankheit ringenden Studentin Mia (Natalia Rudziewicz). Wie hieß doch gleich das Rezept für die große Quote? Eben. Sex & Crime.

Der Tatort "Letzte Tage" ist eine solide Geschichte

Von solchen eher nebensächlichen Volten abgesehen ist „Letzte Tage“ eine solide Geschichte, bei der der Ehrgeiz zum Glück nicht darin besteht, jeden halbwegs wahrscheinlichen Täter am Ende durch noch eine weitere Wendung ad absurdum zu führen. Dass ein Schweizer Pharmakonzern, mit dem Kunstnamen „Sanortis“ ziemlich nah an der Realität platziert, der letztliche Urheber, weil Nutznießer des gleich zu Beginn des Films geschehenen, übrigens einzigen Todesfalles ist, weiß der Zuschauer denn auch. Dieses Vorwissen zu einem alle Nebenhandlungen plausibel verbindenden Ende zu führen, ist die Leistung des Buches wie der (beinahe) allen Mätzchen abholden Regie von Elmar Fischer.

Gewiss staunt man ein wenig, was alles auf so einer Bodenseefähre geschehen kann, ohne dass es auch nur ein einziger der Mitreisenden bemerkt; die Fahrzeuge scheinen überhaupt ohne Lenker oder gar weitere Insassen zu sein. Das gibt den jeweils Beteiligten Gelegenheit, die Dramen ihrer jeweiligen Betroffenheit von Leukämie – dem Hintergrundthema des „Tatort“-Falles – so recht auszuagieren. Herausragend allerdings ist der aalglatte Pharma-Chef Andermatt (wie sonst sollte ein Schweizer auch heißen), dem der grandiose Robert Hunger-Bühler – er war der „Mephisto“ in Peter Steins legendärem „Faust“ – die Tiefe der bewussten Oberflächlichkeit des gewissenlosen Managers verleiht.

War es Mord oder Selbstmord?

Die seit Langem angespannte Atmosphäre zwischen der Schweiz und Deutschland wird passenderweise von den beiden Ermittlern Klara Blum sowie Matteo Lüthi (Roland Koch) vorgeführt, die um die Zuständigkeit für den im Grenzgebiet verorteten Todesfall – ist es Mord oder Selbstmord? – ringen. Lüthi-Koch unterliegt schauspielerisch bei Weitem; für das Drehbuch, das ihm eine allzu flotte, politisch korrekte Rückbesinnung auf die Moral unbestechlicher Wahrheitsfindung auferlegt, kann er ja nun wirklich nichts.

Politisch ebenso korrekt wie idealistisch-naiv ist dann auch noch eine Studentengruppe, wie gesagt, es geht um Leukämie und eine Reihe von Todkranken, die auf das Medikament der „Sanortis“ hoffen. Mit anderen Worten, das Sujet hat die notwendige Sonntagabendtiefe, gern „Relevanz“ genannt, aber abgesehen von dieser wohl unvermeidlichen Befrachtung ist das ein „Tatort“, den man von Anfang bis Ende gerne verfolgt, und dem man hernach beglückt attestiert, von traditionell ausgebildeten Schauspielern gespielt und, ja doch, gesprochen worden zu sein.Bernhard Schulz

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