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Medien: Terror auf Tauchfahrt

Erst im Fernsehen, dann im Kino: der Katastrophenfilm-Klassiker „Poseidon“

Zwei Dinge unterscheiden das TV-Remake vom Original. Das „Poseidon Inferno“ von 1972 hatte als Hauptdarsteller Gene Hackman, in „Poseidon-Anschlag“, der am Donnerstag und Freitag als Zweiteiler auf Pro 7 läuft, kommt diese Rolle dem eher farblosen Adam Baldwin zu. Natürlich reichen wenige Schauspieler an Gene Hackman heran, aber das ist nicht einmal das größte Problem. Das besteht darin, dass man einen Stoff, der im Original aus Nerven aufreibenden 112 Minuten besteht, für das Fernsehen auf zwei Mal 90 Minuten aufgeplustert hat. Es ist schon ärgerlich, dass man in der Neufassung – nicht zu verwechseln mit dem Kinofilm „Poseidon“ von Wolfgang Petersen, der nächste Woche seinen Deutschlandstart hat – ganze 40 Minuten nicht weiß, ob man nun tatsächlich einen Katastrophenfilm sieht oder doch nur eine weitere Folge vom Traumschiff.

An der grundlegenden Handlung wurde unter der Regie von John Putch glücklicherweise wenig geändert. Wieder wird die Sylvesterfeier auf dem Kreuzfahrtschiff durch eine Explosion gestört, wieder treibt der Luxusliner danach kieloben in der See und wieder macht sich eine kleine Truppe Überlebender auf, um einen Fluchtweg aus dem stählernen Sarg zu finden. Nicht aufgeben, durchhalten, weiterkämpfen – nur so hat man eine Chance zum Überleben, lautet auch dreißig Jahre später die über allem stehende Erkenntnis auf dem verlustreichen Weg zur Wasseroberfläche. Und mitunter noch pathetischer ist die zweite Botschaft von der Kraft der Liebe, die den Akteuren erst das Durchhalten und Weitermachen ermöglicht.

Geändert hat sich in der Neufassung allerdings der Grund, warum es überhaupt zur Katastrophe kommen konnte. Nicht höhere Gewalt oder ein Erpressungsversuch, sondern das weltumspannende Netzwerk des Terrors ist verantwortlich für die große Explosion, die dem Luxusliner mit seinen 3700 Passagieren und Besatzungsmitgliedern zum Verhängnis wird.

Dabei kommt der Feind von innen, ist Teil der Besatzung, „die noch internationaler ist als die Passagiere“, wie Adam Baldwin in der Rolle von Sea-Marshall Mike Rogo bereits beim Reisebeginn in Kapstadt bemerkt. Wie die Todespiloten des 11. Septembers können sie unbemerkt ihren Anschlag planen und agieren dabei absolut unauffällig. Auch hierin liegt eine Botschaft: Dass man als US-Amerikaner – denn aus dieser Perspektive wird der Film erzählt – nirgends geschützt ist, ja, dass es einen hundertprozentigen Schutz gar nicht geben kann. So wie der Terror das Miteinander der Menschen verändert hat, so hat er in diesem Film die Symmetrie der Handelnden verändert.

Die Rolle von Gene Hackman als energischer und mitfühlender Geistlicher von einst wird nun durch einen Anti-Terror-Spezialisten ersetzt, der seiner Wut an dem Gefangenen auch mal handgreiflich Luft macht, wie Agent Jack Bauer aus dem RTL-2-Thriller „24“.

Auch wenn dieser „Poseidon-Anschlag“ nicht an den großen Vorgänger herankommt, die Fernsehtage zwischen Halbfinale und den Finalspielen der Fußball-WM kann er dennoch überbrücken helfen. Schließlich liegt es nicht unbedingt am TV-Format, wenn man etwas Gutes nicht übertrifft. Katastrophal am Premierenwochenende von Wolfgang Petersens Kino-Remake „Poseidon“ in den USA soll vor allem das Einspielergebnis gewesen sein.

„Der Poseidon-Anschlag“; Pro 7, Donnerstag und Freitag, 20 Uhr 15

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