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Medien: Terror hoch fünf

Kiefer Sutherland in der neuen Staffel der Echtzeitserie „24“

Zwei Fragen quälen den „24“-Fan vor jeder neuen Staffel: Kann die aktuelle „Season“ mit den Vorgängern mithalten, funktioniert das Format der Echtzeitserie erneut oder wird es zur Schablone? Meiner Meinung nach war die vergangene, die vierte Staffel der Tiefpunkt von „24“. Gigantomanisch, ein blutiger Showdown- Reigen, mehr James Bond als Jack Bauer, erzreaktionär in seiner Botschaft „Alle Araber sind und jeder einzelne Araber ist böse“. „Season V“ geht den Weg der Implosion. Ex-Präsident David Palmer, ein Weggefährte, vielleicht ein Freund von Jack Bauer, wird erschossen, die CTU-Agenten Michelle Dessler und Tony Almeida werden Opfer von Bombenanschlägen, Michelle stirbt, Tony ist schwer verletzt. Jack Bauer, offiziell für tot erklärt, weiß, dass er gejagt wird. Und es braucht eine volle Sinuskurve an Spannung, bis er wieder zum Jäger wird. International agierende Terroristen, und das ist das aktuelle Thema von „Season V“, wollen mit Nervengas …, kurz: Die Uhr tickt, die Uhr läuft runter, 24 kurze Stunden, Jack Bauer klebt am Zeiger.

Bisher vier Staffeln bedeuten 96 Folgen. Der regelmäßige Zuschauer kennt die Counter Terrorist Unit (CTU), er kennt deren Chef Bill Buchanan (James Morrison), kennt Chloe (Mary Lynn Rajskub), Edgar (Louis Lombardi), die nordisch schöne Audrey Raines (Kim Raver) – und Kiefer Sutherland als Jack Bauer. Das Personal von „24“, angereichert um den zwiespältigen Präsidenten Charles Logan (Gregory Itzin) und die vielschichtige First Lady (Jean Smart), hat zwar das Schachbrett nicht verlassen, aber die Figuren funktionieren nach eigenen Gesetzen – sie leben, sie sind Persönlichkeiten.

Das ist sicher die neueste Facette bei „24“, und vielleicht die aufregendste. Chloe ist mehr als das fiebröse Frollein, Edgar mehr als der Doppel-Whopper, Logan mehr als der Dumm-wie-Brot-Präsident. „24“, „Season V“, könnte längst mit dem Innenleben seines Personals reüssieren, die Thrillerserie braucht die XXL-Action, gerne auch in zahlreichen Nebenhandlungen ausgetrieben, so recht nicht mehr. Außerdem, der internationale Terrorismus als Thema, das kennt der Zuschauer bereits, da kann er mit. Was sich hier scheinbar an der Oberfläche kräuselt, das ist die wogende Tiefe eines Ozeans.

„Season V“ ist heruntergedimmtes „24“, Kritik am US-Staatsapparat inkorporiert. Der untote, der unbehauste Jack Bauer sucht seinen Platz (mit Frau? ohne Frau?) – und Kiefer Sutherland zeigt, was für ein prägnanter Schauspieler er ist. Seine Figur häutet sich von Staffel zu Staffel weiter, beinahe nackt steht er da. Aber Obacht: „24“, die Neue, ist keine Psychokiste und kein Blow-up, sondern ein eminenter Spannungsbogen, unter dem Jack Bauer hindurch muss. Und es bleibt dabei, das Menschliche seines Verhaltens ist seine Gebrochenheit – nicht seine Größe.

„24“, Mittwoch, RTL 2

21 Uhr 10

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