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Tote Reporter: Der Geruch des Todes

Die Zahl der getöteten Journalisten und die Umstände ihres Todes legen nahe, dass in den Krisengebieten bisweilen gezielt Jagd auf sie gemacht wird. Phoenix zeigt die Reihe „Reporter im Krieg“

Die romantisch verklärten Zeiten vom Kriegsberichterstatter als verwegenem Abenteurer und unerschrockenem Wahrheitssucher sind wohl endgültig vorbei. Die Zahl der getöteten Journalisten und die Umstände ihres Todes legen nahe, dass in den Krisengebieten bisweilen gezielt Jagd auf sie gemacht wird. Im Jahr 2007 starben laut „Reporter ohne Grenzen“ weltweit 86 Journalistinnen und Journalisten, im Zweiten Weltkrieg waren es 39. Auch diejenigen, die nach Hause zurückkehren, überstehen den Krieg nicht unversehrt: Über den Anblick der Toten am Strand nach der Invasion in der Normandie 1944 „bin ich nie hinweg gekommen“, sagt Zeitungsreporter Andy Rooney. Und der offenbar traumatisierte Kameramann Jon Steele wünscht sich nach den Erlebnissen in Ruanda 1994, dass Fernsehnachrichten den „Geruch des Todes“ der überall herumliegenden Leichen verströmen könnten – „das würde allem ein Ende setzen“.

Es sind nicht allein die Bilder, die die Schrecken eines extremen Berufsalltags in dem britischen Vierteiler „Reporter im Krieg“ eindringlich vor Augen führen. Der Südafrikaner Jon Blair, Oscar-Preisträger für den Dokumentarfilm „Anne Frank Remembered“, befragt eine beachtliche Zahl englischer und amerikanischer Top-Journalisten, von US-Legende Walter Cronkite bis Chris Cramer (CNN). Die Filmreihe ist nicht ganz aktuell, aber das tut wenig zur Sache: 2003 produziert, 2005 mit dem Emmy ausgezeichnet, erzählt sie auch ein Stück Zeitgeschichte, beginnend mit dem Ersten Weltkrieg. Allerdings bewegt sich Blair hart an der Grenze des Erträglichen: zerschossene Leiber, Kinder in Todesangst, brutal um sich schießende Menschen – Phoenix mutet dem Publikum diese Grenzerfahrungen in Wort und Bild aus gutem Grund nicht früher am Abend zu.

Auch wenn einige Reporter die Wirkung ihrer Arbeit als gering darstellen, ist ihre Bedeutung unverkennbar groß. Woher sonst wüsste man, welche schrecklichen Folgen die Tatenlosigkeit der internationalen Gemeinschaft in Ruanda hatte? Oder wie es sich in einer jahrelang belagerten Stadt wie Sarajewo lebte, in der Scharfschützen Anfang der neunziger Jahre Jagd auf Zivilisten machten? Die „Augenzeugen der Geschichte“, so der Titel des ersten Teils, sind weiter unverzichtbar. Inwieweit sie sich von Militär und Politik instrumentalisieren lassen, ist unter anderem ein Thema der weiteren Folgen: „Dein Leben für die Story“ (23. November), „Krieg der Bilder“ (30. November), „Lügen und Video“ (7. Dezember). Thomas Gehringer

„Reporter im Krieg“, Phoenix,

Sonntag, 23 Uhr 30

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