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TV-Kritik Hart aber fair: Guttenberg: Nach dem Rückzug ist vor dem Comeback

Bei "Hart aber Fair" diskutieren Politiker und Journalisten, ob Karl-Theodor zu Guttenberg zum Märtyrer taugt. Eine Antwort finden sie nicht, entlarven allerdings die parteipolitische Diskussion des Falls als Heuchelei.

Nach zwanzig Minuten platzt Wilfried Scharnagl der Kragen. Was solle Guttenberg denn bitte noch machen? "Soll er sich erschießen?", blaffte der ehemalige Chefredakteur des CSU-eigenen "Bayernkurier". Zuvor hatte Michael Spreng, einst auf dem gleichen Posten bei der "Bild am Sonntag" und früher als Stoiber-Berater tätig, den abgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beschuldigt, das Fundament der CDU/CSU - das da wäre: Ehrlichkeit, Fleiß, Anstand - mit dem Presslufthammer bearbeitet zu haben.

Es ging hoch her in Frank Plasbergs Mittwochabendtalk "Hart aber Fair". Kein Wunder, schließlich wurde hier nicht die Zukunft und das Andenken von irgendwem verhandelt. "Deutschland hat Kopfweh", begrüßte der Moderator das Publikum gleich zu Beginn. Die Nation leide an "Guttenberg-Kater". Nicht weniger als "eine Ausnahmeerscheinung" habe da ihren Posten aufgegeben, "eine Lichtgestalt" sei von uns gegangen. Es klang, als habe Jesus persönlich sein politisches Mandat verloren.

Das Thema der Sendung, die mit 3,80 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 17,1 Prozent die bisher erfolgreichste "Hart aber Fair"-Ausgabe in dieser Jahr gewesen ist, lautete passenderweise: "Guttenberg, geht da ein Lügner oder ein Märtyrer?". Um es gleich zu sagen: Eine wirkliche Antwort fand die Runde, in der noch der Moderator Johannes B. Kerner, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Vorsitzende des CDU-Innenausschusses Wolfgang Bosbach saßen, nicht – erhellend war die Debatte trotzdem. Entlarvte sie doch die von Regierung und Opposition geführten Streit über den ermogelten Doktortitel als primär parteipolitisch motivierte Prügelei.

Erst schalten Bosbach und Scharnagl die Bundesforschungsministerin Annette Schavan, mit ihrer öffentlichen Kritik an Guttenberg von der Parteilinie abgewichen zu sein. Dann erklärte Wowereit, würde nicht ein CSU- sondern SPD-Mitglied in der Kritik stehen, er würde ihm wohl genauso zur Seite zu springen, wie Bosbach es bei Guttenberg gemacht habe. Der CDUler hatte sich zuvor alle Mühe gegeben, den fränkischen Freiherren als Opfer übertriebener journalistischer Jubelberichte - Kerners andernorts viel kritisierten Talk mit Guttenberg aus dem vergangenen Dezember nahm die Runde davon natürlich aus – zu verteidigen. Deshalb steht in Bosbachs Augen auch einem baldigen politischen Comeback des Mannes nichts im Wege.

Glaubt man aktuellen, für die Sendung erhobenen Zahlen, sehen das erstaunliche 72 Prozent der Deutschen genauso. Erstaunlich, weil 60 Prozent der selben Befragten den Rücktritt vom Dienstag befürworten. Einen Tipp, wie der Wiedereinstieg gelingen könnte, übermittelte ein Zuschauer per E-Mail: die gewonnene Freizeit zum Schreiben einer neuen Dissertation nutzen, Doktor zurückholen, wieder antreten.

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