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TV-Kritik: Kerner, Guttenberg, Afghanistan: Krieg ist schlimmer

Selten wurde so viel über eine Sendung geschrieben, die noch keiner gesehen hatte. Wie war Kerners Talk mit Kriegskulisse in Afghanistan samt Guttenberg nun wirklich? Unser Fernsehkritiker Matthias Kalle hat genau hingeschaut.

Es gibt wirklich einfachere Dinge, als eine Kritik über eine Sendung zu schreiben, über die sich jeder Deutsche bereits ein Urteil erlaubt hat, bevor er sie überhaupt sehen konnte. Viel erfuhr man in den vergangenen Tagen über dieses "Kerner Spezial", das Sat 1 Donnerstagabend um viertel nach elf zeigte, vor allem erfuhr man, dass das so nicht ginge, dass mit Johannes B. Kerner und Karl-Theodor zu Guttenberg und seiner Frau und Afghanistan und den Soldaten. Und dann ging es irgendwie doch.

Dass, was dann eben doch zu sehen war, war zwar nicht richtig gut – es war aber auch nicht richtig schlecht, so ähnlich also wie seit einigen Monaten die Quoten von Johannes B. Kerner bei Sat 1 sind – die oftmals einfach so hingeschriebene Behauptung, der Mann hole nur noch schlechte Quoten seit seinem Weggang vom ZDF sind schlichtweg falsch. Nun ist die Quote kein Qualitätssiegel und sie wird es auch nie sein, aber wenn man sich die Sendung mit dem Wissen um die Erregung im Vorfeld anschaut, dann will man die sogar gut finden, denn alles andere ist irgendwie zu einfach, zu langweilig, zu klein.

Ganz geklappt hat es dann doch nicht mit dem gut finden, zu hölzern wirkte die Regie, der Schnitt war schlecht – und die offensichtliche Idee den Schminkkoffer in Deutschland zu lassen um Authentizität zu suggerieren, funktionierte nicht. Auch scheint Kerner nach einem Jahr, in dem er eben keine Talkshow sondern eine Magazinsendung moderiert, vergessen zu haben, wie man ein Gespräch führt: er fragte nicht nach, er las ab, er hakte ab – er schien sich nicht wohl, nicht sicher zu fühlen.

Das lag vielleicht auch daran, dass nicht er der Star seiner Sendung war – der Star war Guttenberg, ihn zeigte die Kamera und niemand schien dem Mann zu sagen, dass seine Brille schief saß. Wo war seine Frau? Stephanie zu Guttenberg tauchte nicht auf, das ist vielleicht das Beste, was man über die Sendung sagen kann.

Und sonst? Sonst scheiterte der Versuch der Macher, eine amerikanische Sendung zu liefern: die Soldaten als Publikum, das schwere Gerät kameratauglich im Hintergrund – das wirkte bemüht, das wirkte auch fremd, das passte alles irgendwie nicht zusammen. Tatsächlich gab es neben dem Gesprächsteil Einspielfilme über das Soldatenleben – das in Afghanistan und das in Deutschland – und es gab einen Beitrag über einen ehemaligen Soldaten, der mit einem schweren Trauma aus seinem Einsatz zurückgekehrt ist – und diese Beiträge waren grundsolide, sie lieferten Erkenntnisgewinn, sie sind selten im deutschen Fernsehen und wahrscheinlich nur sendbar, wenn danach der Verteidigungsminister im Bild ist.

Am Ende schienen alle froh, dass es vorbei war: Kerner, der dann wohl doch lieber aus seinem Hamburger Studio moderiert; Guttenberg, der mal unfallfrei über Berufliches reden konnte und keine Popstarfragen beantworten musste; und der Zuschauer, dem tatsächlich Stephanie zu Guttenberg erspart blieb. Krieg ist schlimmer.

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