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Am 8. Juli 1982, beim WM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Frankreich blieb die ARD dran - statt schnell in die Werbung zu schalten.

© dpa/picture alliance

TV-Kritik WM 2014: Das Land, aus dem der Krach kommt

1982 zeigte die ARD vom WM-Spiel Deutschland gegen Frankreich nichts weniger als eine Symphonie der Anspannung. Heute schaltet derselbe Sender schneller als sein Schatten in die Werbung. Diese TV-Kritik wird Ihnen präsentiert von der schlechten Laune eines ARD-Zuschauers.

Früher hatte man Zeit. Heute steht man an Zeitfenstern und versucht, irgendetwas da draußen zu erkennen, bevor man von den Nachdrängenden weitergeschubst wird.

Früher – nehmen wir jenes sagenhafte Früher vom 8. Juli 1982, das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich – blieb die ARD eine Ewigkeit ununterbrochen vor Ort. Gerade dann, als nichts geschah – und doch soviel. In den nervenzerfetzenden Minuten vor dem Elfmeterschießen. Man sah, wie Rummenigge die tauben Oberschenkel massiert wurden, Stielike im Liegen aus einer Wasserflasche abwechselnd trank und duschte, Schumacher, der kurz zuvor Battiston in die Bewusstlosigkeit gerammt hatte, umher schlich wie ein Tiger, der wusste, das ein ganzes Land ihn jagen würde. Die ARD, sie zeigte nichts weniger als eine Symphonie der Anspannung.

Verpufft in der Überhitze der Konsumsphäre

Heute – nehmen wir das Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich am gestrigen Abend – schaltet derselbe Sender schneller als sein Schatten in die Werbung, mitten hinein in ein Sturmgewitter aus Reklamejingles, direkt nach dem Halbzeitpfiff, ja, beinah schon davor. Es kann nicht mehr lange dauern, dann rasiert sich Klopp im Anstoßkreis, während das Spiel noch läuft, grillt Müller mit Schland-Fans Würstchen im Strafraum, statt den Torabschluss zu suchen. Diese Ecke wird ihnen präsentiert von... Ihre Gefühle werden gepowered by... Doch welche Gefühle eigentlich? Sie verpuffen restlos in der Überhitze der Konsumsphäre.

Man ist ja nicht so weltfremd, noch auf eine werbefreie Fußballübertragung zu hoffen – einer muss die Sause schließlich bezahlen, wenn unsere Gebühren doch gerade reichen dürften, um die Spesen der Expertenkohorte zu decken. Über die Dramaturgie aber könnte man trefflich streiten. Es muss – MUSS! – subtilere Werbeformen geben als gebrüllte Kaufbefehle zur Unzeit. Oder kauft wirklich jemand einen Kleinwagen, der inmitten seines Hoffens und Bangens parkt?

Doch bevor wir das klären, geben wir noch mal ganz kurz zurück nach Deutschland. Das Land, aus dem der Krach kommt.

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