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Medien: Und jetzt der Mauerbericht Der 13. August 1961 und seine Jahrestage in den Medien West und Ost

Der Mauerbau am 13. August 1961.

Der Mauerbau am 13. August 1961. Ein Land, eine Stadt wurden geteilt, Familien auseinandergerissen. Der Tag, mehr noch die anschließenden Jahrestage waren auch propagandistisch ein wichtiges Datum. Im Westen, genauer in Westdeutschland, versuchte man in den Medien die Bedeutung des Tages niedrig zu hängen. Denn der 13. August 1961 war „ein Tag des schlechten Gewissens“, wie Lothar Loewe, der ehemalige Intendant des Senders Freies Berlin (SFB), sagt. Für die Westmächte sei der Mauerbau „ein Eingeständnis der Schwäche“ gewesen. Deshalb wurde er in Radio und Fernsehen wie auch in den Zeitungen der Bundesrepublik nicht besonders begangen, habe man doch ein Gefühl der Ohnmacht gehabt, nichts erreichen zu können. In Loewes Zeit als ARD-Korrespondent in Ost-Berlin von 1974 an hat es nie einen speziellen Auftrag der ARD gegeben, auf das Datum hinzuweisen. „Der offizielle Gedenktag war der 17. Juni. Der 13. August war für viele eher ein persönlicher Tag der Erinnerung“, sagt Loewe. Für die West-Berliner Medien war der Tag von erheblich größerer Bedeutung. „Diesen Tag vergessen die Berliner nicht“, schrieb der Tagesspiegel am 15. August 1961. In der Zeit der Teilung der Stadt erinnerten diese Zeitung wie auch die Blätter des Springer-Verlags immer wieder an den Jahrestag. Im Gegensatz zu Radio- und Fernsehprogrammen hatten Printmedien jedoch kaum die Möglichkeit, Resonanz jenseits der Mauer zu erreichen. Anders Radio und Fernsehen. Jürgen Engert, der ehemalige Chefredakteur des SFB, betont, dass „die Jahrestage des 13. August den Berlinern natürlich nähergingen als den Menschen in Wanne-Eickel“. Deshalb war der Jahrestag im SFB-Programm auch immer ein Thema. Auch wenn es nicht jedes Jahr Sondersendungen zum Mauerbau gab, wurde dem Thema in der „Abendschau“ stets ein wichtiger Platz eingeräumt. Und allein deshalb, weil es in einer „gewissen Regelmäßigkeit“ Berichte über Tote an der Mauer gegeben habe, sei das Bauwerk im SFB-Programm ohnehin immer präsent gewesen. Dennoch spricht Engert von einem „Gewöhnungsprozess“ an die Mauer.

Auch in der Bundesrepublik habe man sich im Laufe der Jahre mit der Mauer arrangiert, meint der ehemalige ARD-Korrespondent Loewe. Zwar sei sie für die Menschen „nie Normalität“ geworden, dennoch habe sich der 13. August als Tag der Erinnerung „mit der Zeit abgenutzt“. Viel wichtiger waren auch in seinen Augen die Vorfälle, bei denen tödliche Schüsse an der innerdeutschen Grenze abgegeben wurden. „Das waren dann die Anlässe, um die Unmenschlichkeit der Mauer zu demonstrieren.“ Mit dem Viermächteabkommen von 1972, als die Mauer „immer durchlässiger“ wurde, habe der 13. August eine „Routine wie der Wetterbericht“ bekommen, sagt Loewe. „Nur noch die Politiker aus Bonn und dem West-Berliner Senat spulten ihre Standardfloskeln ab.“

Ganz anders ging man im Osten mit dem historischen Tag um: „Die Mauer war das Lebenselixier der DDR“, sagt Stefan Wolle, Dozent an der Freien Universität (FU) und wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in Berlin. Der „antifaschistische Schutzwall“ hatte eine enorme Bedeutung für die sozialistische Propaganda. Die Medien sollten der Bevölkerung die Wichtigkeit des Bauwerks vor Augen führen. In Sendungen wie der „Aktuellen Kamera“ wurde das Bauwerk als „Bollwerk gegen den Kapitalismus“ gelobt. Wolle betont aber, „dass der DDR-Presse ohnehin niemand glaubte“. So wurden die West-Berliner Sender Rias und SFB zu „Leuchttürmen der Freiheit“ für die Menschen im Osten. Besonders wichtig waren dabei SFB-Sendungen wie „Die Zone hat das Wort“, die den Hörern auch die Möglichkeit gab, sich selbst zu äußern und ihrem Unmut Luft zu machen. Durch Briefe konnten sie Kontakt mit der Redaktion an der Masurenallee in Charlottenburg aufnehmen. Oftmals wurden die Hörerbriefe aber durch den SFB bearbeitet, „um die Verfasser vor Repressalien in der DDR zu schützen“, wie Stefan Wolle zu bedenken gibt. Nach seiner Erkenntnis sei die Berichterstattung der Westmedien von vielen Ostdeutschen als „zu sachlich“ empfunden worden. Die Zuschauer und Zuhörer im Osten wünschten sich offenbar eine polemischere Berichterstattung. Dennoch war es den Offiziellen in der DDR ein Dorn im Auge, dass ihre Bürger die Medien des Westens empfangen konnten. Versuche, mit Störsendern den Empfang zu unterbinden, seien in Berlin allerdings im Gegensatz zu Sachsen oder Mecklenburg nie unternommen worden, sagt Wolle, weil dies schon rein technisch nicht möglich gewesen sei.

Speziell für die Berliner im Ostteil der Stadt gründete der Senat das „Studio am Stacheldraht“, einen Radiosender, der aus einem umgebauten VW-Bus über die Mauer sendete. Auch der Osten hatte ähnliche Sender, so dass es gelegentlich zu „Lautsprecherschlachten“ an der Grenze kam.

Pablo Silalahi

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