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Medien: Unfall oder Sabotage?

„Das Geheimnis der Hindenburg“, ein ZDF-Rätsel

Nach Amerika durch die Luft zu reisen, das war vor 70 Jahren noch ein Spektakel: Wenn die riesige, silberne Zigarre über New York schwebte, strömten die Menschen auf die Straßen und gafften in den Himmel. Die „Hindenburg“ war doppelt so schnell wie Schiffe, die zweieinhalb Tage dauernde Reise war aber auch doppelt so teuer – ein Vergnügen für die Oberschicht. Das Luftschiff fuhr von Manhattan aus 30 Meilen weiter zum Marinestützpunkt Lakehurst. Von schlechtem Wetter und Gegenwind aufgehalten, schwebte die „Hindenburg“ am 6. Mai 1937 mit mehr als 13 Stunden Verspätung ein und vollzog über dem Flugfeld ein scharfes Wendemanöver. Die Halteseile wurden herabgelassen. Ein Zeuge berichtete später, er habe eine Wellenbewegung an der Außenhaut am Heck gesehen. Kurz darauf ging die mit explosivem Wasserstoff gefüllte „Hindenburg“ in Flammen auf. 35 Menschen starben, 62 überlebten die Katastrophe. Bis heute ist die Ursache nicht zweifelsfrei geklärt.

Das ZDF erzählt die Geschichte wie einen Spielfilm. In „Das Geheimnis der Hindenburg“, einer Koproduktion mit dem britischen Privatsender Channel 4 und mit Smithsonian Networks (USA), ist das „Doku“ aus dem überstrapazierten Begriff „Dokudrama“ vollends verschwunden. Die Mittel entsprechen, abgesehen von originalen Bildschnipseln, einem fiktionalen Drama, aber der Anspruch bleibt, die Zeitgeschichte authentisch zu schildern. In diesem Fall aus der Perspektive des deutschen Luftschiffbauers Hugo Eckener, der nach dem Unglück in die Untersuchungskommission in den USA gebeten worden war.

Autor Tony Mulholland („Krakatau“) stützte sich auf die Protokolle der Kommission, auf Biografien und auf die Erinnerungen von Überlebenden. Jedenfalls ist es keine Räuberpistole geworden, die spekulativ der Sabotagetheorie nachrennen würde. An Bord war ein Akrobat und Komiker, Joseph Späh, der als einziger Passagier Zutritt zum Frachtraum hatte, weil er dort seinen Hund füttern durfte. Er wurde nach dem Unglück verdächtigt, doch Spuren, die auf eine Bombe hindeuteten, wurden nie gefunden. Im Film sehen wir Späh, wie er schon beim Einstieg seinen Schabernack mit den mürrischen Nazibeamten vom deutschen Zoll trieb und an Bord Hitler-Witze erzählte.

„Das Geheimnis der Hindenburg“ wird von einem dem Ich-Erzähler Hugo Eckener zugeschriebenen Kommentar zugetextet, als wolle man den Bildern nicht trauen. Weniger wäre mehr gewesen, auch wenn Eckener als nazikritischer Kronzeuge die Botschaft des Films liefert: In den Trümmern der „Hindenburg“, sagt das 1954 verstorbene Luftfahrtgenie, habe er die Ruinen Deutschlands gesehen. Dramaturgischer Höhepunkt sind sein Auftritt vor der Kommission und sein finaler Satz zur Ursache: „Wir werden es nie genau wissen.“

„Das Geheimnis der Hindenburg“, ZDF, 20 Uhr 15

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