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Urteil: Radiosender müssen für Fußball-Reportagen zahlen

Bundesligavereine dürfen für Radioreportagen aus ihren Fußballstadien ein besonderes Entgelt von den Sendern fordern. Der Bundesgerichtshof wies mit seiner Entscheidung eine Klage des Privatsenders Radio Hamburg ab.

Karlsruhe - Radio Hamburg wollte gegenüber der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sowie dem Hamburger Sportverein und dem FC St. Pauli einen Anspruch auf kostenlose Live-Übertragungen durchsetzen. Das Karlsruher Gericht lehnte ein solches Recht ab, weil dem Veranstalter sonst «ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung» genommen wäre. Radio Hamburg erwägt einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht (Az: KZR 37/03 vom 8. November 2005).

Beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV) stieß das Urteil auf Kritik. Es gefährde «endgültig ein traditionelles und gewachsenes Stück Sportjournalismus», sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Höhere Kosten stellten die Hörfunkberichterstattung in Frage. «Man wird den finanzstarken Fernsehsendern das Feld überlassen müssen.» Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sieht das Urteil mit Sorge: «Der noch stärkeren Kommerzialisierung des Sports zu Lasten der Zuhörer wird mit dieser Entscheidung Tür und Tor geöffnet.» Er wolle mit seinen Amtskollegen in den anderen Ländern über eine Ausweitung des - für Fernsehsender geltenden - Rechts auf Kurzberichterstattung auf den Hörfunk diskutieren.

Der BGH bestätigte mit dem Urteil, was seit der Saison 1999/2000 ohnehin Praxis ist. Ähnlich wie beim Fernsehen verlangt die DFL für Radioreportagen inzwischen - je nach Dauer und Reichweite - vier- bis fünfstellige Beträge pro Saison. Die Hörfunksender hatten sich dagegen mit dem Argument zur Wehr gesetzt, Radio sei mit Fernsehen nicht vergleichbar: Der Radioreporter erbringe mit der Schilderung des Spielgeschehens eine eigene kreative Leistung.

Laut BGH ist das Hausrecht der Vereine die juristische Grundlage des Vergütungsanspruchs. Von Radiosendern dürfe ein über den Eintrittspreis hinausgehendes Entgelt gefordert werden, weil ein Radioreporter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion «intensiver nutzt als ein normaler Zuschauer oder auch Pressevertreter». Die Reporter von Radio Hamburg nähmen beispielsweise an allen Pressekonferenzen teil, hätten Zugang zu den - für Spieler-Interviews wichtigen - «Mixed Zones» und benötigten technische Vorrichtungen. Radio-Hamburg- Anwalt Stephan Engels wertet dies als Hinweis des Gerichts darauf, dass die Printmedien nicht von dem Urteil betroffen sind.

Nach den Worten des Kartellsenats gibt die im Grundgesetz geschützte Rundfunkfreiheit dem Hörfunk kein Recht zur kostenlosen Übertragung, weil auch die Veranstaltung von Bundesligaspielen durch das Grundrecht der Berufsfreiheit geschützt sei. Die Vermarktung von «Hörfunkrechten» dürfe allerdings nicht zur Einflussnahme auf den Inhalt der Berichterstattung führen.

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Fachbereichs Hörfunk des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), Hans-Dieter Hillmoth, wird durch das Urteil die Rundfunkfreiheit den kommerziellen Interessen der Vereine untergeordnet. «Was in einem ersten Schritt für den Hörfunk gilt, kann schnell auch zu einem Thema für unsere Print- und Fotokollegen werden.» Auch die Sprecherin von Radio Hamburg, Martina Müller, sieht in dem Karlsruher Richterspruch einen «Schlag gegen die Rundfunkfreiheit». (tso/dpa)

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