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Das „Forbes“-Magazin berichtet von reichen Menschen, wie hier von Vietnams erstem Milliardär Pham Nhat Vuong. Jetzt braucht es selbst einen finanzkräftigen Investor.

© AFP

US-Magazin wird verkauft: "Forbes" sucht Finanzier

Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ ist bekannt für seine Rangfolgen der Mächtigen und Milliardäre. Jetzt braucht es selbst einen reichen Investor, um zu überleben.

Mit einem Spendenvolumen von 1,9 Milliarden US-Dollar stehen Bill und Melinda Gates in diesem Jahr wieder auf Platz eins, gefolgt von Großinvestor Warren Buffett und dem Magnaten George Soros. Aber auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg oder die Walmart-Erben der Walton-Familie bewegen sich in der Spitze der amerikanischen Philantropen im Jahr 2012, die das „Forbes“-Magazin soeben gelistet hat. Vielleicht findet sich unter den Reichen, die Geld für gute Dinge geben, auch einer, der Forbes-Media erwerben will. Denn das Magazin der oberen Zehntausend steht zum Verkauf.

Die Liste mit den 440 reichsten Amerikaner

„Forbes“ ist weltweit vor allem bekannt durch seine Listen. Neben den Philantropen führt es auch die 400 reichsten Amerikaner, die mächtigsten Frauen der Welt, die internationale Liste der Milliardäre, die höchstbezahlten Firmengeschäftsführer oder die teuersten Postleitzahlbezirke Amerikas. Noch präsentiert „Forbes“ keine Liste der spektakulärsten Verkäufe von Medienunternehmen. Kandidaten dafür gibt es in den USA indes genug.

Mit „Forbes“ hat die US-Zeitungskrise ein weiteres Traditionshaus in die Knie gezwungen. Im Oktober erst war die „Washington Post“ an den Amazon-Gründer Jeff Bezos übergegangen (siehe auch Kasten unten). 250 Millionen US-Dollar nur musste er für das Blatt zahlen, das für die Enthüllung des Watergate-Skandals in die Geschichte eingegangen ist. Auch der „Boston Globe“ hat in diesem Sommer den Besitzer gewechselt. Für 70 Millionen US-Dollar übernahm der Besitzer des Baseball-Klubs „Red Sox“, John Henry, das Traditionsblatt von der „New York Times“-Gruppe. Im Jahr davor hatte Warren Buffett bereits für 142 Millionen US-Dollar auf einen Schlag 63 Lokalzeitungen im Süden der USA in sein Portfolio übernommen. Und im Februar überraschte die finanziell angeschlagene Tribune-Gruppe damit, sich von acht Lokalzeitungen trennen zu wollen, darunter von zwei der größten Zeitungen der USA, die „Chicago Tribune“ und die „LA Times“. Im Sommer machte das Gerücht die Runde, die beiden schwerreichen Koch-Brüder, ultra-konservative Unterstützer der Republikaner, seien am Kauf interessiert.

Die Familie versilberte ihre Fabergé-Eier

Das traditionelle Modell der gedruckten Nachrichtenmedien, sich zum überwiegenden Teil von Werbung und zum kleineren Teil vom Verkauf des Produkts zu finanzieren, wird immer schwerer – und ist noch nicht durch ein neues ersetzt worden. Es sei denn, die Querfinanzierung einer Zeitung durch einen Mäzen oder eine Stiftung wird als Zukunftsmodell betrachtet.

Das 1917 von dem Finanzjournalisten B.C. Forbes gegründete Medienhaus Forbes war nach Branchenangaben einmal mehrere Milliarden Dollar wert. Unter seinem Enkel, dem heutigen Besitzer und ehemaligen Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur Steve Forbes, hat der Verlag jedoch erheblich an Wert verloren. Das Platzen der Dotcom-Blase traf das Wirtschaftsblatt empfindlicher als viele andere Medien. Aber auch das persönliche Vermögen des konservativen Republikaners war nach seinen beiden vergeblichen Kandidaturen 1996 und 2000 erheblich geschrumpft. Steve Forbes hatte große Summen in die Wahlkämpfe gesteckt und geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Um Schulden zu tilgen, versilberte die Familie ihre Sammlung an Fabergé-Eiern, ihre Jacht, das alte Verlagsgebäude in New York und Immobilien weltweit. 2006 folgte dann der Verkauf eines 45-Prozent-Minderheitsanteils des Unternehmens an die Investorengruppe Elevation Partners, an der auch der U2-Sänger Bono beteiligt ist. Steve Forbes selbst kann sich seine Zeitung nun also nicht mehr leisten.

Dabei ist dieses Jahr so ertragreich wie lange nicht mehr

Mit „Forbes“ kapituliert jetzt allerdings ein Blatt vor der Medienkrise, das wie kaum ein anderes aggressiv und früh begonnen hatte, auf den Online-Sektor umzusteigen und andere Einnahmequellen zu erschließen. Neben dem Verkauf des Stammhauses hat sich Forbes durch Kongresse querfinanziert, den Inhalt seiner Online-Präsenz durch Blogger füllen lassen und auch der umstrittenen Form der sogenannten „native advertisements“, Werbung in Texten, viel Raum gegeben.

Dieses Jahr, schreibt Geschäftsführer Mike Perlis in seinem Mitarbeiterbrief, in dem er kürzlich den geplanten Verkauf des 96 Jahre alten Familienunternehmens gerade verkündet hat, werde dank der digitalen Gewinne und der Konferenzaktivitäten die beste finanzielle Performance seit sechs Jahren erwartet. Die Einnahmen aus dem Digitalgeschäft, so die Erwartung, könnten in diesem Jahr um 25 Prozent gesteigert werden. Was das in konkreten Summen heißt, ließ Perlis in seinem Schreiben allerdings im Unklaren.

450 der 1380 US-Tageszeitungen setzen auf bezahlpflichtige Inhalte

Online-Einnahmen, Werbung wie Abonnements, schienen in den vergangenen Jahre die Zukunft der Branche. In der Hoffnung auf neue Wege war in den USA wie in Deutschland der Blick auf die „New York Times“ gerichtet, als diese begonnen hatte, ihre Inhalte hinter einer Bezahlschranke zu verbergen. Doch auch wenn die „Times“ mit diesem Modell derzeit stabil zu sein scheint, für die gesamte Branche funktioniert sie nicht als Vorbild, wie die jüngste jährliche Studie des Washingtoner Pew-Forschungszentrums zum „Zustand der Nachrichtenmedien 2013“ konstatiert.

„Nach Jahren fast theologischer Debatten über die Frage, ob digitaler Inhalt frei verfügbar sein sollte“, habe sich jetzt zwar auf dem amerikanischen Markt das Bezahlmodell durchgesetzt. 450 der 1380 Tageszeitungen hätten begonnen oder angekündigt, eine Art Abonnement oder Paywall einzuführen. Die Einnahmen jedoch aus digitaler Werbung und den digitalen Abonnements oder Bezahlschranken „können den Verlust der gedruckten Werbung nicht ausgleichen“. Zumal die digitalen Anzeigenerlöse um nur drei Prozent gestiegen seien.

Die "New York Times" bleibt als Bastion

Verlage bräuchten dringend, raten die Forscher, ein drittes Standbein, um die Zeitung, gedruckt wie online, zu finanzieren. Diesen Weg sind jedoch ausgerechnet jene Häuser, die nun verkauft wurden oder werden, längst gegangen. Die „Washington Post“ hat ein florierendes Bildungsprojekt aufgelegt und sich auf lokales Fernsehen verlegt – dieser Teil wurde konsequenterweise nun auch nicht an Bezos mitverkauft. Viele Blätter haben ihre traditionsreichen Stammhäuser in den Innenstädten der USA längst zu Geld gemacht. Wie „Forbes“ bereits vor einigen Jahren sein Haus in New York. Kongresse und Messen gehören inzwischen zum Standardprogramm großer Häuser. Gerettet hat sie all das nicht.

Als Bastion bleibt dem US-Zeitungsmarkt die „New York Times“. Als im Sommer der Verkauf der „Washington Post“ bekannt gegeben wurde, schrieb Arthur Sulzberger junior im Namen der Verlegerfamilie einen Brief in eigener Sache. Es habe viele Spekulationen und verständliche Sorgen gegeben, was der „Post“-Verkauf für die „New York Times“ bedeuten könnte. Doch auf die Frage, ob seine Familie die „New York Times“ auch verkaufen werde, gebe es nur eine Antwort: „Nein. Die ,Times‘ steht nicht zum Verkauf.“

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