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Medien: Vergleichen erwünscht

VORSICHT! WERBUNG Seit fünf Jahren läuft ein unrasierter Mann durch Watt und Dünen, um sich irgendwann, offenbar angefüllt mit Jever Pils, rückwärts in den Sand fallen zu lassen.

VORSICHT! WERBUNG

Seit fünf Jahren läuft ein unrasierter Mann durch Watt und Dünen, um sich irgendwann, offenbar angefüllt mit Jever Pils, rückwärts in den Sand fallen zu lassen. Mindestens ebenso lange muss die Semper Oper für den Gerstensaft von Radeberger herhalten.

Ebenfalls offensichtlich für die Ewigkeit gemacht scheinen die Spots mit dem Pilsglas-Kalauer von Warsteiner: „Was ist besser als ein Warsteiner? Zwei Warsteiner!“ Oder die Französin, die zu jeder „Harald- Schmidt-Show“ erzählt, sie habe sich das Weißbier von Schöfferhofer aus dem Nabel schlürfen lassen. Und Löwenbräu hat eine wunderbare Uralt-Kampagne mit schlechten Fotos neu aufleben lassen. Weitere Beispiele gefällig? Krombacher traktiert den Sportfan zu jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Fotomontage eines Idyllischen Bergsees. Das Pils von Beck’s wird seit zehn Jahren auf einem Schiff mit grünen Segeln getrunken. Und König Pilsner hat zwar was Neues, das aber so alt wirkt wie ein Gemälde von Flohmarkt: Einen weißen Rahmen, der dem Biergenuss offenbar Würde verleihen soll.

Kurzum, das kommunikativste deutsche Getränk wird in der Werbung dargestellt wie abgestandene Brühe.

Darum ist es mehr als erfrischend, dass die Veltins-Brauerei in die vergleichende Werbung eingestiegen ist und die Langeweile der Konkurrenz auf die Schippe nimmt. Die Veltins-Agentur Springer & Jacoby aus Hamburg widmete sich dabei mit Freuden dem Ortskonkurrenten Jung von Matt, der für den torkelnden Dünen-Mann verantwortlich ist. Der fällt wie ein Stein nach hinten in den Sand und ist in Kürze von jungen Leuten umgeben, die sich über ihn schlapp lachen. Der Königs-Pils-Trinker bricht samt Bier und Rahmen durch den Fußboden in die untere Etage. Und die alberne Warsteiner-Frage nach den drei freien Wünschen wird mit Veltins beantwortet – statt mit Warsteiner.

Am witzigsten aber ist die Persiflage auf den Kunstsee von Krombacher. Der wird – seiner Unwahrhaftigkeit entsprechend – zur hässlichen Wohnzimmertapete und darum von einem jungen Mann mit weißer Wand- farbe überstrichen. Seine Freundin sieht’s mit Wohlgefallen, weshalb sie ihn und sich selbst mit einem Veltins belohnt. So macht vergleichende Werbung Spaß.

Was mir auch gefallen hätte: eine Papp-Attrappe von der Semper Oper – mit dem musikalischen und verbalen Radeberger-Gesülze. Plötzlich kommt eine Sturmbö, und der Fernsehzuschauer ist den Spot für immer los.

Reinhard Siemes

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