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Videoclip: Mit Baseballschlägern gegen die Faschisten

Sport, dargestellt als Krieg: Ein Werbetrailer inszeniert den Baseball World Cup als Invasion der Alliierten in Italien 1944. Das ist zynisch und wertevergessen. Ein Kommentar von Oliver Fritsch.

Werbefilme mit deutschen Sportlern sind oft langweilig. Drei Beispiele aus der Fußballwelt: Ein Lebensmittelhersteller führt seit Jahren junge Talente als altkluge Dreikäsehochs vor. Eine Kosmetikfabrik macht aus dem Bundestrainer einen Bundescremer. Und ein Altinternationaler reißt im Auftrag eines Haushaltsversorgers einen Wortwitz, für dessen Schaffung sich der Urheber nicht mehr als zwei Minuten Zeit genommen haben dürfte. Mehr Mühe und Kreativität wünscht man der Branche. Und mehr Mut.

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An Mut und Aufwand hat es den italienischen Produzenten eines PR-Clips (gefunden auf American Arena) nicht gefehlt, den sie anlässlich des Baseball World Cups (22.-27.9.) gedreht haben. Auch nicht an einem historischen Ideen-"Pool". In den rund neunzig Sekunden ist zu sehen, wie eine Truppe Baseballspieler eine Küste von einem gepanzerten Boot aus stürmt und unter Beschuss gerät. Mit ihren Schlägern wehrt sie sich jedoch erfolgreich gegen die feindlichen Kugeln und Granaten.

Der Vorspanntext nennt die reale Vorlage: die Operation Shindle aus dem Januar 1944, als die Alliierten in Anzio und Nettuno, etwa fünfzig Kilometer südlich von Rom, Italien von der Küste aus erobern und befreien wollten. Ziel war es, die deutsche Hauptverteidigungslinie in Italien ("Gustav-Linie")  zu durchbrechen. Und den Faschisten Rom zu nehmen. Die Filmidee ist klar: Eine Sportart will Europa erobern. Baseball ist hauptsächlich in den USA, Kuba und Japan verbreitet, das World-Cup-Finale findet in Rom statt.

Der Clip ist professionell produziert, in seiner Ästhetik genügt er Hollywood-Anspruch. Doch abgesehen von historischen Grobheiten, etwa der Frage, ob man die Deutschen aus dem Weg räumen muss, um Baseball populär zu machen, ist der Clip aus zwei Gründen bedenklich: Erstens missachtet er die Opfer und deren Hinterbliebenen. Die Operation Shindle dauerte rund vier Monate, man schätzt 10.000 Tote, 35.000 Verwundete und über 13.000 Vermisste. Hier kann man Originalbilder nach der Landung sehen.

Zweitens laden die Macher den Sport mit der Sprache des Kriegs auf. Von gleichen Schauplätzen des Ruhms ("same fields of glory") ist die Rede, in einer Pfütze am Strand schwimmt ein Knochen. Diese Referenz, so attraktiv sie auf den ersten Blick sein mag, missachtet das Spielerische des Sports und entwertet ihn.

Quelle: ZEIT ONLINE

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