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Der WDR-Rundfunkrat entscheidet am Mittwoch, wer künftig den Sender leitet.

© dpa

Vor der Wahl: WDR erhält neuen Intendanten

Am Mittwoch wird entschieden, wer neuer WDR-Intendant wird. Dem Karnevalsfan Tom Buhrow werden die besten Chancen attestiert. Doch es geht um mehr als Kölle Alaaf, sagt Rundfunkratschefin Ruth Hieronymi.

Am Mittwochabend um 18 Uhr wird das Ergebnis bekannt gegeben. Dann steht fest, wer als neuer WDR-Intendant den größten Landessender der ARD leiten wird. Am Nachmittag werden sich die Kandidaten im Rundfunkrat vorstellen, danach will das 48-köpfige Gremium entscheiden. 37 Bewerbungen hatte es gegeben, daraus wählte die Findungskommission Stefan Kürten, Direktor bei der Europäischen Rundfunkunion in Genf, aus. Hinzu kamen als Vorschläge aus dem Rundfunkrat „Tagesthemen“-Moderator Tom Buhrow und Jan Metzger, der Intendant von Radio Bremen.
Eine weitergehende Präferenz äußerte die Findungskommission nicht. Alle Kandidaten seien für das Amt geeignet, sagte die Rundfunkratsvorsitzende Ruth Hieronymi. Die besten Chancen werden Tom Buhrow gegeben. Fest steht: Rheinländer sind alle drei, Buhrow wird zudem eine gewisse Begeisterung für den Kölner Karneval nachgesagt, er ist zudem schon einmal mit den Bläck Fööss aufgetreten.
„NRW und der WDR sind viel mehr als der Karneval“, hält die Rundfunkratsvorsitzende Ruth Hieronymi dagegen. Als größter ARD-Sender habe der WDR die Aufgabe, Impulse weit über Nordrhein-Westfalen hinaus zu setzen. So sei der WDR zum Beispiel federführend für die ARD in Brüssel bei der Europäischen Union tätig. Im Moment setze sich der WDR dafür ein, dass bei den Verhandlungen der EU mit den USA über ein neues Freihandelsabkommen journalistische Inhalte nicht allein als Wirtschaftsgut, sondern weiterhin als Kulturgut gelten.

Kooperation und Kommunikation nach innen und außen, das sind die wesentlichen Aufgaben, die nach Ansicht des Rundfunkrates auf den neuen Intendanten des WDR mit seinen 4100 fest angestellten Beschäftigten zukommen. Wie die gesamte Medienbranche befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Umbruchphase, nicht zuletzt nach der Umstellung des Gebührensystems wird die Legitimation der Sender kritisch hinterfragt. Der WDR muss seine Sparanstrengungen fortsetzen. Zudem sollen junge Zuschauer-, Hörer- und Nutzergruppen besser erreicht werden – vor allem durch eine Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils. So wünscht es sich jedenfalls der Rundfunkrat. Immerhin: „Jeder der drei Kandidaten hat Kinder im Smartphone-fähigen Alter“, sagte Hieronymi dem Tagesspiegel.

Jörg Schönenborn und Eva-Maria Michel kommen nicht zum Zug.

Die bisherige Intendantin Monika Piel hatte nach sechs Jahren an der Spitze des WDR im Januar überraschend angekündigt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aufhören werde. Piel hatte den Chefposten seit April 2007 inne. Erst im vergangenen Jahr war ihre Amtszeit bis 2019 verlängert worden. Anfangs galten vor allem WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn und die Justiziarin Eva-Maria Michel – die Piel derzeit kommissarisch vertritt – als aussichtsreiche Kandidaten. Doch wie sich inzwischen gezeigt hat, haben die Mitglieder der Findungskommission auf eine externe Lösung gesetzt.
Am Mittwoch können die Mitglieder des Rundfunkrates Fernsehmoderator Buhrow, Radio-Bremen-Intendant Metzger und Medienmanager Kürten ihre Fragen stellen. „Uns war es wichtig, dass nicht allein die Kommission, sondern der gesamte Rundfunkrat den Intendanten wählt“, sagte Hieronymi.

Aus den schriftlichen Unterlagen der Rundfunkratsmitglieder geht hervor, dass die journalistischen Wurzeln von Buhrow zum WDR zurück reichen. Er hat in Köln volontiert und arbeitete danach unter anderem bei dem Regionalmagazin „Aktuelle Stunde“. Anschließend war er Korrespondent in Washington, bevor er 2006 als Nachfolger von Ulrich Wickert Moderator der „Tagesthemen“ wurde. Buhrow wäre nach Friedrich Nowottny und Fritz Pleitgen der dritte bekannte Fernsehjournalist an der Spitze des WDR. Der Intendant von Radio Bremen stammt ebenfalls aus dem Rheinland. Jan Metzger studierte Geschichte, Politik und Soziologie in Freiburg, Berlin, Mexico City und Frankfurt. Nach dem Volontariat beim Hessischen Rundfunk arbeitete er als Hörfunkkorrespondent in Spanien und Portugal und der Tschechoslowakei. 2006 wechselte er zum ZDF. Beim „heute-journal“ wurde er stellvertretender Redaktionsleiter, bevor er 2009 zur ARD zurückkehrte: als Intendant der kleinsten ARD-Rundfunkanstalt.

Die größten internationalen Managementerfahrungen hat der Jurist Stefan Kürten. Seit 1998 arbeitet er für die European Broadcasting Union. Die Rundfunkunion veranstaltet unter anderem den Eurovision Song Contest, aber auch über Sportrechte verhandelt die EBU. Der gebürtige Düsseldorfer Kürten ist seit 2009 Director Sports & Business. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kennt er aber auch von innen: Beim ZDF hatte er die Abteilung Internationale Programmkoordination geleitet.

Einen möglichen Nachfolger für Tom Buhrow bei den "Tagesthemen" gibt es schon

Sollte Tom Buhrow zum WDR-Intendanten bestimmt werden, richten sich die Blicke auf eine weitere herausgehobene Personalie: Wer würde Tom Buhrow als Erstem Moderator der ARD-„Tagesthemen“ in Hamburg nachfolgen? Proporzgemäß bestimmt der WDR über diesen Posten, während der NDR traditionell die zweite, die Moderatorinnenstelle besetzt und dafür Caren Miosga engagiert hat. In WDR-Kreisen rechnet man damit, dass Thomas Roth, 61, für Buhrows Nachfolge angesprochen würde. Roth ist in New York, was Buhrow in Washington war: Korrespondent. Da könnte zusammenkommen, was in WDR-Augen zusammenkommen sollte.

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