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Piratendemo

© Peters

Wahlkampf online: Flagge zeigen

Eigentlich sollte die Piratenpartei im Netz besonders überraschen – tut sie aber nicht.

Barack Obama hat es vorgemacht: die Mobilisierung der Massen über das Internet. Er gilt als großes Vorbild beim Online-Wahlkampf für die Bundestagswahl 2009. CDU, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, FDP und Die Linke - alle Parteien warten in diesem Jahr auf mit Internetseiten, eigenen Communities, Videos auf Youtube, Fotos bei Flickr. Eine Partei ist neu auf dem Politikparkett: Die Piratenpartei hat mit ihrem Einsatz für Bürgerrechte im Internet und gegen die Datenspeicherung für viel Wirbel gesorgt. Sie ist untrennbar verknüpft mit dem Netz. Der Gedanke, dass die Piratenpartei beim Online-Auftritt den anderen Parteien um Längen voraus ist, liegt nahe. Doch ein Besuch der Seite www.piratenpartei. de ist eher enttäuschend.

Ein gewöhnlicher Blog mit himmelblauem Seitenkopf auf dem, im orange-weißen Logo der Partei, ein schwarzes Piratensegel weht. Die einzige Optik. Keine Fotos, keine Animationen, keine Bilder. In der Mitte der Seite werden Positionen und aktuelle Aktionen vermeldet, wie beispielsweise eine Demonstration mit Kunstblut gegen das Verbot von Killerspielen.

Sehr schlicht und nüchtern kommt der Internetauftritt daher. „Es gibt viele Leute, die sagen, sie finden es toll, dass Inhalte im Vordergrund stehen und kein Schnickschnack wie bei den anderen Parteien“, sagt Thorsten Wirth von der Piratenpartei. Allerdings geht auch er davon aus, dass die Piratenpartei sich in absehbarer Zeit ein anderes Design zulegen wird.

Auch wenn die Homepage derzeit nicht aufwendig gestaltet ist, meint Christoph Bieber vom Zentrum für Medien und Interaktivität der Uni Gießen: „Die Piraten sind besser im Netz aufgestellt als alle anderen Parteien zusammen.“ Die inneren Kreise der Partei seien sehr netzaffine Leute, die neue Kommunikationsformen nutzten und zum Beispiel über die Bloggosphäre gut miteinander vernetzt seien, so Bieber. Auf diese Weise konnten viele Anhänger für die Unterschriftensammlung mobilisiert werden, die notwendig war, um überhaupt als Partei zugelassen zu werden.

Dass die Partei viele Anhänger im Netz hat, bestätigen auch andere Zahlen. Zum Beispiel haben die Piraten mit rund 27 000 Anhängern bei StudiVZ innerhalb kürzester Zeit alle anderen Parteien abgehängt. CDU und SPD folgen als nächstes, beide mit rund 17 000 Fans - und das obwohl alle anderen Parteien ihre Präsenz in den sozialen Netzwerken, bei Youtube oder Flickr direkt auf den Startseiten ihrer Internetauftritte verlinkt haben. Die Piratenpartei macht das nicht. „Da wir diese Medien eh dominieren, muss das nicht noch einmal explizit aufgeführt werden“, erklärt Wirth.

Wie es sich für einen Blog gehört, stehen aktuelle Meldungen oben auf der Seite und können unmittelbar kommentiert werden. Rechts oben auf der Seite führt ein Link zu einem Wiki, einer Plattform im Netz, auf der gemeinschaftlich gearbeitet werden kann. „Der Ansatz ist interaktiver und partizipativer als bei den anderen Parteien“, sagt Christoph Bieber. Jedem steht es offen, sich am Prozess zu beteiligen, jeder kann Ideen und Kritik loswerden oder mitdiskutieren an einem Entwurf für einen Wahlflyer. „Man kann gut sehen, dass die Arbeitsplattformen tatsächlich offen sind. Das wollen andere Parteien auch, schaffen es aber nicht in dem Maße“, sagt Bieber.

Die interaktive Ausrichtung der Partei spiegelt sich auch in dem Wettbewerb für einen Wahlspot wider. Jeder der Lust und Zeit hat, kann ein Video einreichen, mit dem für die Partei demnächst im Fernsehen geworben werden soll - von amateurhaften bis professionellen Filmen ist alles dabei. Gleichzeitig kann auch jeder die eingereichten Videos bewerten.

„Das Video wird diejenigen ansprechen, die dann erst erfahren, wer die Piraten eigentlich sind“, sagt Bieber. Und da ist man beim Wahlkampf in der analogen Welt angekommen. Dort sind die Piraten den etablierten Parteien weit hinterher. „Noch hat unser Wahlkampf nicht begonnen“, sagt Thorsten Wirth. Außerdem seien sie noch eine relativ arme Partei, „die Mittel, die andere Parteien haben, stehen uns nicht zur Verfügung“. Ein Vergleich mit den etablierten Parteien ist demnach vielleicht genauso schwierig wie ein Vergleich zwischen Barack Obamas Internet-Wahlkampf und den Anstrengungen der deutschen Parteien im Netz. „Das ist, als wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht“, sagt Christoph Bieber, „Obama hatte erstens mehr Zeit und zweitens mehr Geld.“

Vera Pache

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