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Wahlkampf: Vorsicht, Versprecher!

Es wird keine Buhrufe geben, kein Klatschen und keine Telefonabstimmung nach "Big Brother"-Art: 76 Regeln für das erste TV-Duell in Großbritannien.

Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich die drei großen Unterhausparteien auf die Spielregeln für die ersten Fernseh-„Elefantenrunden“ in Großbritannien geeinigt. Die Sender ITN, Sky News und BBC werden drei Debatten senden, zu den Themen Innenpolitik, Außenpolitik und Wirtschaft. Dabei werden Labourchef Gordon Brown, Tory-Parteichef David Cameron und der Liberaldemokrat Nick Clegg von einem Studiopublikum befragt.

„Drei 90-Minuten-Debatten, viereinhalb Stunden, das ist eine Menge Zeit, um das Publikum zu langweilen“, sagt Medienprofessor Ivor Gaber von der Londoner City University. Die hitzige Spontaneität und der freche Witz, der TV-Debatten auf der Insel normalerweise so unterhaltsam macht, ist durch das 76 Paragrafen lange Regelwerk ausgetrieben. Regel 71 besagt: „Es wird keine Schnitte zu Nahaufnahmen von Publikumsmitgliedern geben, während ein Parteiführer spricht“. Laut Regel 57 müssen sich die Parteiführer am Schluss die Hand geben. Damit keine Störer kommen, wird das Studiopublikum von Meinungsforschern ausgewählt. Es soll einen exakten Querschnitt der Bevölkerung darstellen und muss politisch einer ausgeklügelten Formel entsprechen. Die Fragen werden von einem Gremium vorausgewählt.

„Wir Politiker sind nicht gerade klassisches Prime-Time-Entertainment. Aber es wird neue Energie in die politische Debatte bringen“, sagt Tory-Chef Cameron. Blogger raten ihm, Premier Brown zu provozieren – eine Anspielung auf Berichte über Browns Temperament und seine angebliches „Mobbing“. Die drei Fernsehdebatten dürften den Wahlkampf verändern, statt mit Bussen durchs Land zu fahren, werden sich die Parteichefs tagelang auf die Kamera vorbereiten. Schon haben Ressortfachleute Lust auf den Medienzirkus: Schattenschatzkanzler George Osborne hat sein Labour-Pendant Alistair Darling zur Debatte herausgefordert.

Entscheidend werden wohl aber nicht die Debatten selbst sein, sondern die auf Youtube und in den Newsprogrammen gezeigten Clips, glaubt Medienexperte Gaber. Noch wichtiger könnten mit Handys aufgenommene und dann per Twitter verbreitete Versprecher eines Politikers werden.

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