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Medien: Wetten und Floskeln

„Sabine Christiansen“ über den Schiedsrichter-Skandal. ARD.

„Sabine Christiansen“ über den Schiedsrichter-Skandal. ARD. Am Sonntagabend bewies Paul Breitner eindrucksvoll, warum er nicht nur „Ex-Weltmeister 1974“, sondern auch Kolumnist ist, denn er arbeitete mit der Sprache wie schon lange niemand mehr. Breitner war Gast bei Sabine Christiansen, und wenn einer wie Paul Breitner da zu Gast ist und außer ihm Rudi Völler und Gerhard Mayer-Vorfelder und Alfred Draxler von „Bild“ und Otto Schily, der irgendwie der Oberste aller Schiedsrichter ist – dann sprechen die natürlich über Robert Hoyzer und über Wetten und verschobene Spiele – über den größten Fußball-Skandal also, den Deutschland je erlebt hat. Oder doch nicht?

Breitners Sprache jedenfalls lässt diesen Schluss nicht zu. Was hat Paul Breitner mit der Kirche vor? Die will er im Dorf lassen. Wessen Spitze sieht Breitner? Die des Eisberges. Rudi Völler, angetrieben von der Wortgewalt Breitners, machte einen überraschenden Vorschlag: Man dürfe nicht alles über einen Kamm scheren. Ja, so ging das da zu, aber wir wollen nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.

Sabine Christiansen, die dem Thema angemessen gekleidet (Jeans, Polo-Shirt, Jackett) und hervorragend vorbereitet war, wirkte die ganze Sendung über leicht amüsiert. Das tat gut beim Zuschauen, denn vieles andere tat weh. Es tat weh, als Mayer-Vorfelder, DFB-Präsident, mit der Exklusivmeldung auftrumpfte: „Die Fußballfamilie steht zusammen.“ Alfred Draxler, jahrelang der Sportchef der „Bild“, schaute bei diesem Satz, als ob er auf der Stelle einen Scheidungsanwalt hinzuziehen wollte. Neben Christiansen war Draxler eine Wohltat, sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Abscheu und Melancholie, so wie bei einem, der noch viel mehr weiß, aber die Menschen vor dieser Wahrheit schützen will.

Völler, Mayer-Vorfelder und Breitner wussten hingegen viel über Süd- und Osteuropa und über die unteren Ligen in Deutschland – da sei es ja eigentlich am allerschlimmsten. Und damit es in Deutschlands oberster Liga nicht ähnlich schlimm wird, forderte Mayer-Vorfelder ein Frühwarnsystem, so als ob die Manipulation über den deutschen Fußball kommt wie eine Flutwelle. Und der Zuschauer forderte am Ende: Weiterreden! Noch eine halbe Stunde, und ihr habt den Skandal weggequatscht! Aber dann wäre Sabine Christiansen möglicherweise vor Lachen vom Stuhl gefallen.

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