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Medien: Wilde Verkettung

Anke Engelke ist in ihrer neuen Sat 1-Show „Ladyland“ komisch wie immer

Die Dinge dieser Welt, sie stehen miteinander in Beziehung, aber selten so, wie unser Sinnbedürfnis es gern hätte. Das Prinzip der wilden Verkettung trägt jenen Typus von Episodenfilm, der wie im Klassiker „Short Cuts“ die Geschichten ineinander verschlingt, ohne dass menschliche Absicht oder gar Weitsicht am Werke wäre. Was regiert, ist der Zufall. Was in Erscheinung tritt, ist menschliches Schicksal.

Funktioniert dieses eher tiefgründelnde Prinzip auch bei der Comedy? Aber sicher. Verwandlungskünstlerin Anke Engelke will uns in ihrem neuen Spaß-Format „Ladyland“ wieder lauter grundverschiedene Charaktere vorführen, aber es reicht ihr nicht, sie nur nacheinander Revue passieren zu lassen. Ihre Wege sollen sich kreuzen, die Ereignisse sich verzahnen, die Figuren – buchstäblich – einander anrempeln. Dieser „Reigen“ von Menschen, Wünschen und Widrigkeiten erzeugt ein Gefühl des Verlinktseins – und die Gewissheit, dass unser aller Kraft, das eigene Geschick zu lenken, begrenzt ist. Schon in dieser Einsicht steckt etwas Komisches.

Da ist Barbara Georgi, Nachwuchspolitikerin mit Vorleben im Show-Biz. Bekannt wurde sie als Sängerin des Titelsongs „Blumen der Liebe“ aus der gleichnamigen Telenovela, jetzt kandidiert sie aussichtsreich für ein hohes Amt. Zwar muss ihr Team – ein Coach, eine Visagistin und ein Redenschreiber – sie zu den Wahlkampfauftritten tragen, denn sie ist ständig hackedicht, aber in ihrem Erstberuf hat sie gelernt, wie man „rüberkommt“, und so gewinnt sie die Wahl. Als sie ihre Dankesrede ans Wahlvolk halten soll, zündet sie plötzlich den Selbstzerstörungsmechanismus und sagt die blanke Wahrheit: „Ich bin Schlagersängerin und habe von Politik keine Ahnung. Ich bin alkohol- und tablettensüchtig, weil ich volksnah sein soll. So, möchte noch irgendjemand hier, dass ich das Land regiere?“ Und ob! Die Begeisterung über diese mutige Rede schwappt bis ins Weiße Haus. Georgi wird Ministerpräsidentin.

Das Motiv, das diese Story mit der nächsten verlinkt, ist die Serie „Blumen der Liebe“. Da gibt es einen Fan namens Katja, gespielt natürlich ebenfalls von Engelke, die in einer Durchschnittsehe festsitzt, deren Bestand auf durchschnittliche Art gefährdet erscheint. Die Personen in der Serie nehmen die Liebe ernst und kämpfen um sie. Das gefällt Katja, und weil ihr Gatte so gar nicht geneigt ist, mit ihr ein paar herzerwärmende Beziehungsgespräche zu führen, heuert sie den Drehbuchschreiber der Novela an, damit der aus ihrer Ehe einen gelebten Fortsetzungsroman macht. Das klappt sogar. Mit welchem Ende, wird nicht verraten.

Katjas Ehemann Ulrich liefert ein weiteres „link“ zum Rest des Reigens: Er wartet in dem nämlichen Hotel auf einen Geschäftsfreund, in dem auch Georgi ihren Rausch ausschläft. Und an der Rezeption sitzt wieder Engelke, diesmal als frustrierte Maren, die ihren Job hasst und sich einen romantischen Trip davon verspricht, einem prominenten Maler Modell zu stehen. Sie dreht den Spieß aber dann um und erklärt dem Künstler, was es mit schöpferischer Phantasie auf sich hat...

Noch ist das Prinzip der wilden Verkettung nicht wirklich eingelöst. Denn das erforderte ja, dass Barbara, Katja und Maren nicht bloß denselben Hotelflur kreuzen, bzw. denselben Schlager vor sich hinträllern, sondern sich auch „anstoßen“ ,wie es die Billardkugeln machen, so dass dann auch die Ereignisse anders verlaufen, als sie es ohne diese Begegnungen, Zusammenstöße und Überschneidungen getan hätten. Bei „Ladyland“ sind die „links“ bislang bloße Randbedingungen; sie machen sich ganz hübsch, beeinflussen aber nicht wirklich den Lauf der Ereignisse. Dass Georgi im selben Hotel säuft, in dem Maren sich an der Rezeption langweilt und Katjas Mann in der Lobby hockt, das macht noch keine Verkettung aus. Insofern ist „Ladyland“ noch nicht wirklich „elektrisch“ im Sinne von aufregend. Aber lustig ist es schon, und das ist immerhin was. Man hat seinen Spaß daran, Engelke in den unterschiedlichsten Verkleidungen, Situationen, Perücken und Stimmungen wiederzuerkennen. Und man verdankt dem Texter-Team um Chris Geletneky manche schicke Pointe („Möchte noch irgendjemand, dass ich dieses Land regiere?“), aber zum angekündigten „Mosaik“ (Eigenwerbung), das aus funkelnden und auch mal nicht so funkelnden Steinchen bestehen soll, fehlt die interne Beziehung der Steinchen bzw. Storys. Kann ja noch kommen. Zwar wird „Ladyland“ keine Langzeit-Novela, wie „Blumen der Liebe“. Aber es geht weiter.

„Ladyland“: Sat 1, 22 Uhr 15

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