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Jason Morsette ist Experte für Geschichte und Brauchtum der Mandan-Indianer.

© Peter Adler/Metafilm

Winnetous Schatten: Arte-Doku über den Entdecker Maximilian zu Wied

Karl May ließ sich von seinen Reiseschilderungen aus der Neuen Welt inspirieren: Arte folgt den Spuren des Entdeckers Maximilian zu Wied am Missouri.

Edle Wilde beflügelten früh die Fantasie mutiger Reiseschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Der Amerikaner James Fenimore Cooper flocht aus eigener Anschauung seine authentischen „Lederstrumpferzählungen“ (deutsch 1845). Doch bereits zwölf Jahre vor ihm war Maximilian zu Wied (1782–1867), ein entdeckungsfreudiger Prinz aus dem Haus Neuwied, gemeinsam mit dem Schweizer Maler Karl Bodmer (1809–1893) zu einer Schiffsfahrt auf dem Missouri gestartet. Einer seiner eifrigsten Leser sollte ein gewisser Karl May (1842–1912) werden, der sich gern in die Weiten der Prärie träumte.

Die Arte-Doku „Winnetou und der Prinz aus Deutschland – Auf den Spuren einer Legende“ von Peter Adler setzt diese Reise aufwendig in Szene und hakt sich bald an der Person des von Bodmer gleich zweimal porträtierten Häuptlings Mato Tope fest. Im Winterquartier Fort Clark blieb dazu genug Zeit, die auch der wenige Jahre später gestorbene Häuptling (wie die meisten seines Stammes) gern opferte.

War Mato Tope das Vorbild für Winnetou?

Sollte Mato Tope das Vorbild für Karl Mays Winnetou gewesen sein, wie der Filmautor Peter Adler annimmt? Die These ist mehr als waghalsig. Denn von kühnen Abenteuern mit Old Shatterhand wusste Maximilian zu Wied nichts zu berichten, dafür jedoch von einem Überfall feindlicher Indianer, der es ihm ratsam erscheinen ließ, im Frühjahr 1834 seine Forschungen in einem weniger gefährlichen Gebiet fortzusetzen.

Ob es überhaupt notwendig war, den Indianerfreund May in die Geschichte einzubeziehen und ihn uns leibhaftig am Schreibtisch seines Hauses in Radebeul vorzuführen, dazu Filmclips mit dem berühmten Pierre Brice, darf bezweifelt werden. Arte liebt solche Mixturen und liebt auch das Sendeformat von 52 Minuten, das dem Thema zuweilen die Luft abschnürt. So auch in diesem Fall, wo der bittere Kontrast zwischen der von Maximilian vorgefundenen Situation, als vorteilhafter Tauschhandel „friedlicher“ Stämme mit der Fort-Besatzung blühte, und dem heutigen Leben im Reservat, wo Glücksspielcasinos die Touristen anlocken sollen, dazu zwei bemerkenswerte Biografien und Gespräche wie mit Jason Morsette, dem Experten für Geschichte und Brauchtum der Mandan, nicht schon Stoff genug wären. Wo einst die von Bodmer sorgfältig aquarellierten Erdhütten standen, erstreckt sich heute eine trostlose Siedlung, in der mit der Sprache der Indianer auch die Tradition auszusterben droht.

Spärliche Reste einer großen Kultur

Zum Glück nicht ganz, wie das jährliche Tanzfest beweist. Auch eine kleine Büffelherde erfreut wieder das Auge. Doch was für eine Natur tat sich vor dem Auge der respektvollen Reisenden aus Europa vor 160 Jahren auf! Ein Schatten davon, ein spärlicher Rest blieb den ins Reservat abgedrängten Nachfahren jener Stämme, für die einst Karl May mit ausufernder Fantasie, Maximilian zu Wied und Karl Bodmer dagegen mit ihrer ebenso nüchternen wie schönen Darstellung Partei ergriffen. Hans-Jörg Rother

„Winnetou und der Prinz aus Deutschland - Auf den Spuren einer Legende“, Arte, Samstag, 20 Uhr 15

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