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Medien: „Wir leben im Fernsehschlaraffenland“

Aber das Publikum bleibt unberechenbar. Ein Gespräch mit Frank Elstner zum 65. Geburtstag

Herr Elstner, wo stecken Sie gerade?

Ich bin auf dem Weg nach Ravensburg und fahre durch den Schwarzwald. Dort proben wir für „Verstehen Sie Spaß?“.

Sie sind ja zurzeit mächtig aktiv. In den kommenden drei Wochen werden Sie mit vier Sendungen im SWR-Fernsehen und in der ARD vertreten sein. Sind Sie auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere?

Ich habe auch fast den Eindruck. Es hat sich halt so ergeben. Aber es stimmt, 2007 scheint ein ziemlich lustiges Jahr zu werden.

Sie werden 65 und sind ganz oben: Das passt doch wunderbar.

Ganz oben war ich vor 25 Jahren mit „Wetten, dass ...?“. Aber es ist eine Genugtuung, dass ich immer noch ganz erfolgreich mitmischen kann. Und ein schönes Gefühl. Aber nicht, dass Sie glauben, ich würde jetzt abheben.

Immer wieder kann man lesen, Frank Elstner hätte an den großen Erfolg von „Wetten, dass ...?“ nie wieder anknüpfen können. So etwas muss Sie doch an die Decke treiben.

Damals hatten wir 25 Millionen Zuschauer, heute haben wir mit „Verstehen Sie Spaß?“ sechs Millionen. Man könnte also meinen, die puren Zahlen sprächen gegen mich. Aber die Fernsehlandschaft hat sich in den letzten zwanzig Jahren grundlegend geändert. Man kann das so nicht vergleichen. Aber eines kann ich Ihnen auch sagen: Wenn ich keine Quote mehr bringen würde, gäbe es mich schon lange nicht mehr im deutschen Fernsehen. So viel ist mal gewiss.

Sie trotzen dem Jugendwahn.

Ich bin mir nicht sicher, ob es diesen angeblichen Jugendwahn überhaupt gibt. Es gibt im deutschen Fernsehen Moderatoren, die sind schon mit dreißig stinklangweilig. Ich glaube, ich moderiere immer noch einigermaßen up to date. Das kann auch daran liegen, dass ich zwei Töchter habe, neun und vierzehn Jahre alt. Da bleibt man auf dem Laufenden.

Ihr Geheimnis lautet also: immer schön am Ball bleiben.

Geheimnis wäre ein bisschen übertrieben. Aber fleißig muss man sein. Ich habe nie etwas geschenkt bekommen, ich habe es mir immer erarbeitet.

Können Sie uns eine aktuelle Show nennen, die Sie gelungen finden?

Ich habe Respekt vor RTL, das es gewagt hat, mit „Wer wird Millionär?“ wieder ein Quiz ins Programm zu nehmen. Und alle anderen haben nachgezogen.

Gibt es unsterbliche Sendeformate?

Es gibt eine Handvoll Formate, die es immer geben wird. Dazu zählen Quiz und Sendungen, die sich wie „Verstehen Sie Spaß?“ mit Schadenfreude beschäftigen. Und dann Formate, die Ungewöhnliches bieten wie „Wetten, dass...?“.

Sie haben „Wetten, dass ...?“ erfunden. Ist diese Show wirklich unsterblich?

Unsterblich ist gar nichts. Aber wenn sich alle Mühe geben, dann wird das noch sehr lange gut gehen. Trotz der Kritik, die es immer wieder hagelt. Aber wenn ich sehe, wie wenig das dem Erfolg schadet, dann könnte ich selbst fast glauben, dass sie unsterblich ist.

Sie haben in Ihrer Karriere auch jede Menge auf die Mütze bekommen. Vor allem als Unterhalter. Haben Sie je verstanden, was die Kritiker von Ihnen wollten?

Damit muss man leben. Wenn Sie Mehrheiten erfreuen wollen, können Sie es nicht jedem recht machen. Wenn Kritik kommt, muss man das einfach wegstecken. Das ist eine der Qualitäten, die man heute haben muss. Wer sie nicht hat, der ist in diesem Beruf falsch.

„Der liebe Frank“ soll Ihr Spitzname sein.

Da haben Sie ja etwas ausgegraben. Ich habe das seit zwanzig Jahren nicht mehr gehört. Aber es stimmt, ich wurde eine Zeit lang „der liebe Frank“ genannt. Das war in meiner Zeit bei Radio Luxemburg.

Ist an dem Namen etwas dran?

Ich bin auf jeden Fall nicht der harte Bursche, der seine Gäste vorführen will. Kürzlich war Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, Gast in meiner Talkshow „Menschen der Woche“. Wenn ich den mit den Worten begrüßt hätte, wie können Sie nur so ein blödes Victory-Zeichen machen, dann steht der einfach auf und geht. Ich werde mich immer so benehmen, dass die Leute nicht das Gefühl haben müssen, sie würden vorverurteilt. Es ist nicht so, dass ich der liebe Frank wäre, der Angst hätte vor Konfrontationen. Wenn einer glaubt, er müsse einen Gast mit Hammerschlägen bearbeiten, dann hat derjenige für mich keine Kultur.

Sie sollen gesagt haben, das Fernsehen sei in den letzten dreißig Jahren viel besser geworden. Glauben Sie das wirklich?

Wir leben im Fernsehschlaraffenland, jedenfalls im Vergleich mit den USA, wo ich gerade zehn Tage war und es unglaublich fand, wie schlecht das Fernsehen dort ist. Wer auch nur halbwegs mit der Fernbedienung umgehen kann, der muss bei uns zu keiner Zeit auf gutes Fernsehen verzichten. Wer etwas Gutes sehen will, der wird auch etwas Gutes finden.

Trotz der ewigen Schielerei auf die allein selig machende Quote?

Man kann über die Quote sagen, was man will: Aber sie ist nun einmal eine ganz wichtige Größe. Ich habe mich immer für Quoten interessiert. Als Direktor von Radio Luxemburg habe ich die ersten Quotenmessungen überhaupt eingeführt.

Verhindert der dauernde Blick auf die Quote nicht notwendige Experimente?

Im Theater bekommen einen Reinfall vielleicht ein paar Hundert Menschen mit. Beim Fernsehen ist das anders. Da braucht es viel Mut. Das Publikum kann ein reißender Löwe sein. Es kann aber auch ganz zahm sein. Nur weiß man das leider nie im Voraus.

Gibt es etwas als Fernsehschaffender, worauf Sie stolz sind?

Ich habe 132 Filme mit Nobelpreisträgern für das ZDF produziert, „Die stillen Stars“. Das werde ich im nächsten Jahr fortführen. Es würde mich schon sehr freuen, wenn meine Enkel später sagen würden, guck mal, der Opa hat auch anderes als Unterhaltung gemacht.

Nach fast fünfzig Jahren im Beruf: wie war’s?

Meine Frau sagt, ich würde nicht arbeiten. Sondern mich nur vergnügen.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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