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Versöhnt? Karin (Anke Engelke) und Reporterin Rommy (Nina Kunzendorf).

© ARD

Wirtschaftskrimi mit Anke Engelke: Verlaufen in Afrika

An großen Ambitionen gescheitert: Die ARD zeigt die Fortsetzung des Wirtschafts-Thrillers „Tödliche Geheimnisse“ mit Anke Engelke und Nina Kunzendorf.

Vielleicht kann man die Szene bei einer Filmpreis-Gala wiederholen: Anke Engelke kniet vor Nina Kunzendorf nieder, die daraufhin die Hände vors Gesicht schlägt. Aus der Rubrik „Wir spielen eine Szene, und Sie müssen raten, aus welchem Film“. Die Lösung wäre „Tödliche Geheimnisse“, Teil zwei. Erinnern wir uns: Am Ende des ersten Teils hat sich Karin Berger (Anke Engelke), Chefredakteurin des investigativen Berliner Magazins „Puls“, von Konzernchefin Lilian Norgren (Katja Riemann) kaufen lassen.

Berger packt den Laptop ihrer besten Reporterin und Freundin Rommy Kirchhoff (Nina Kunzendorf) in die Mikrowelle, und all die Beweise für die schmutzigen Norgren-Geschäfte mit dem Pflanzenschutzmittel Pancosal verbrutzeln. Zu Beginn des zweiten Teils erfährt man nun, dass Norgren den Verlag übernommen und Berger gefeuert hatte. Die mit ein paar Millionen abgefundene Chefredakteurin reist Berger nach Kapstadt hinterher, um den Faden ihrer Freundschaft wieder aufzunehmen.

Der erste Teil wurde am Donnerstagabend wiederholt, was keine schlechte Idee war – das Projekt neigt zur Unübersichtlichkeit. Der vielfach zu Recht gemachte Vorwurf, das Fernsehen unterfordere sein Publikum, trifft hier nicht zu. Drehbuchautor Florian Oeller schraubt am Wirtschaftsthriller in Zeiten der Globalisierung, in der heute von der Übernahme bedroht ist, wer gestern noch oben war. So bekommt die kapitalistische Gier nun ein weiteres Gesicht. Der Südafrikaner Francis Chouler spielt den Selfmade-Milliardär Jordan aus den USA, der Norgren in die Quere kommt.

Ein bizarres Bild von Mütterlichkeit

Neben Kunzendorf und Engelke ist Katja Riemann das stärkste Einschalt-Argument. Ihre Figur ist reich an Zynismus, trägt aber auch weiche Züge. Die Sprachlosigkeit zwischen Mutter und Tochter. Das uneindeutige Verhältnis zum Lobbyisten Holthaus (Oliver Masucci), den sie in einer Villa unter Arrest hält. Dann ist da die Schwangerschaft Norgrens, die zu Beginn in Szene gesetzt wird. Während sich Journalistin Kirchhoff in Kapstadt mit einem Whistleblower trifft und eine Killerin auf dem Dach in Stellung geht, entscheidet Norgren von der Badewanne aus über Leben und Tod.

Ein bizarres Bild von Mütterlichkeit – die Gegenthese zur Behauptung, mit Frauen an der Spitze würden sich Unternehmen an ethische Grundsätze halten. Es ist nicht nur der Profit, der diese Figur in Riemanns Spiel antreibt, auch der Wille, sich gegen männliche Gegenspieler durchzusetzen. Und die Angst vorm eigenen Untergang.

Der droht, weil Norgren zwar davon wusste, dass Pancosal krebserregend ist, es aber trotzdem weiter verkaufen ließ. Die Lösung lautet: „Projekt Z.O.E.“. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das den Krebs stoppen kann, vorausgesetzt, er wird frühzeitig entdeckt. Hierin liegt der Grund für den Schauplatzwechsel nach Afrika. Getestet wurde es von der Ärztin Michelle Soto (Bonnie Mbuli) und ihrem Berliner Kollegen Jonas Schwarz (Benjamin Sadler) an Pancosal-Opfern im Dorf im Kongo. Der Film hat eine eindeutige Botschaft: Erst machen westliche Konzerne die Menschen in den Entwicklungsländern krank, dann verdienen sie an deren Heilung.

Der Thriller soll auch eine Lektion in Handels-, Entwicklungs- und Gesundheitspolitik sein. Gut, dass sich das fiktionale Fernsehen an große Fragen herantraut, den großen Ambitionen wird der Fortsetzungsteil nur bedingt gerecht. Schön immerhin, wie Berger und Kirchhoff sich wieder annähern, was Engelke und Kunzendorf charmant spielen. Als Heldinnen der Aufklärung sind sie clever und mutig, aber die Gegner sind in der globalisierten Welt noch größer, noch mächtiger geworden. Der Journalismus? Längst gescheitert.

„Tödliche Geheimnisse – Jagd in Kapstadt“, Samstag, ARD, 20 Uhr 15

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