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ZDF-Reporter Röckerath: "Vieles zeigen wir gar nicht"

Christoph Röckerath, ZDF-Reporter, über Haiti, zensierte Bilder, Mitleid im Job und Schlafplätze

Herr Röckerath, Sie waren nach dem Erdben in Haiti als einer der ersten Journalisten im Katastrophengebiet. Wo und wie schlafen Sie jetzt überhaupt?



Die ersten Nächte haben wir auf dem Rollfeld des Flughafens verbracht. In Häusern ist man hier einfach nicht sicher. An Schlaf war da aber nicht zu denken. Mittlerweile schlafen wir in Zelten im Garten der Deutschen Botschaft in Port-au-Prince, drei, vier Stunden die Nacht. Von fünf Uhr bis 18 Uhr sind wir unterwegs. Um 18 Uhr müssen wir aus Sicherheitsgründen zurück sein. Dann wird produziert.

Haben Sie in der Botschaft Toiletten?

Eine.

Man liest von Plünderungen, Lynchmorden in den zerstörten Gebieten.

Die gibt es, aber ich habe mich noch nicht bedroht gefühlt. Der Großteil der Menschen ist dankbar. Sie sind flehend, nicht fordernd. Das kann natürlich auch ganz schnell kippen. Inzwischen haben wir ein gepanzertes Fahrzeug mit Leibwächtern. Außerdem versuchen wir Journalisten unauffällig aufzutreten.

In einem „heute-journal“-Beitrag bat Sie eine verzweifelte Frau vor der Kamera direkt um Hilfe. Dort war offenbar noch gar nichts angekommen. Wie fühlt man sich da als Reporter? Kommen sich Anteilnahme und Job nicht in die Quere?

Das war erstaunlicherweise mitten in Port-au-Prince. Anfangs war dort nackter Terror. Eine Frau sagte: Bitte helft mir! Wir haben kein Wasser. Ich hatte drei Flaschen im Auto, aber ein Begleiter wies mich darauf hin, was passieren würde, wenn ich die jetzt heraushole. Klar, das ist eine äußerst schwierige Situation. Ich versuche, den Menschen zu vermitteln, dass die Welt durch unsere Arbeit, durch unsere Berichte erst erfährt, was in Haiti wirklich los ist.

Gab es Situationen, in denen Sie sich oder der Redaktion gesagt haben: Das sollten wir auf gar keinen Fall zeigen?

Oh ja, ganz oft. Wir müssen bei dem, was wir hier machen, die Menschenwürde beachten. Ich habe gesehen, wie Leichenberge einfach aus Lastern weggekippt wurden. Diese Bilder zeigen sie natürlich nicht im „heute-journal“.

Wie lange werden Sie noch vor Ort bleiben, bleiben müssen?

Es ist kein Ende absehbar. Unsere Berichterstattung soll nachhaltig sein.

Das Gespräch führte Markus Ehrenberg

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