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Medien: ZDF sucht Heinzelmännchen

Das ZDF gilt als Rummelplatz-Experte unter den deutschen Sendern. Nicht nur, weil sich momentan das Karussell der Intendanten-Kandidaten schwungvoll dreht.

Das ZDF gilt als Rummelplatz-Experte unter den deutschen Sendern. Nicht nur, weil sich momentan das Karussell der Intendanten-Kandidaten schwungvoll dreht. In einem "ZDF Medienpark" auf dem Mainzer Lerchenberg will der Sender ab 2004 seine Programminhalte als Attraktionen zum Anfassen und Mitmachen präsentieren. Nach knapp dreieinhalbjähriger Diskussion soll im Frühjahr 2002 hinter dem Sendezentrum mit dem Bau begonnen werden. Oder muss man sagen: sollte? Seit der vergangenen Woche steht das ZDF ohne Investor da. Und zugleich vor dem Problem, wie sich ein 215-Millionen-Mark-Projekt finanzieren lässt.

Dabei sah es im August noch prächtig aus: Auf einer Pressekonferenz stellte der Sender mit der Medienparkentwicklungsgesellschaft (MPEG) die ersten konkreten Pläne des Medienparks der Öffentlichkeit vor - kurz nachdem das Oberlandesgericht Koblenz die Wettbewerbsklage dreier Freizeitparks abgelehnt hatte. Grünes Licht also für den TV-Jahrmarkt, zumal einige Wochen zuvor der Investor, nach dem man so lange gesucht hatte, bekannt gegeben wurde: die Frankfurter Projektentwicklungsgesellschaft Hortana. Seltsam nur, dass das Unternehmen auf der Liste der Projektpartner, die das ZDF auf der damaligen Pressekonferenz austeilte, gar nicht aufgeführt war. Nun ist Hortana abgesprungen.

Warum die Zusammenarbeit geplatzt ist, darüber verliert das ZDF nicht viele Worte: "Meinungsverschiedenheiten" heißt es in der Presseerklärung. Von Anke Schwarzwälder und Peter Wagner, den Geschäftsführern der MPEG, ist zurzeit auch nichts zu erfahren, da sie sich auf Dienstreise befinden. Und der Pressesprecher des ZDF, Walter Kehr, verweist knapp auf die Pressemitteilung. Wie diese "Meinungsverschiedenheiten" ausgesehen haben, mag auch Hortana-Geschäftsführer Bernhard Orgler nicht erklären. "Ich wurde verdonnert, mich in Schweigen zu hüllen", sagt er spontan. Dann etwas moderater: "Wir haben uns geeinigt, nichts darüber zu sagen."

Doch in einem Interview mit der Stadt-Zeitschrift "Der Mainzer" hatte er einige Tage vor Bekanntwerden der Trennung seine Firma vom ZDF über die kurze Zeit der Zusammenarbeit berichtet. Orgler kritisierte, dass sich der Sender nicht klar genug positioniert hätte: "Alle Zusicherungen sind bisher auf kleiner Flamme gekocht worden." Er äußerte die Befürchtung, dass sich das ZDF aus der Verantwortung stehlen und seinen Part der MPEG überlassen wolle. Seine Forderung: "Jetzt brauchen wir in juristisch verbindlicher Form die Absicht des ZDF, auch langfristig in dem Projekt Medienpark zu bleiben." Deshalb hoffe er auf "eine Art Patronatserklärung" noch in der Amtszeit von Dieter Stolte, denn sein Nachfolger werde sich mit dieser weit reichenden Entscheidung vermutlich erst einmal Zeit lassen.

Tatsächlich ist der Medienpark das finale Lieblingsprojekt von Dieter Stolte. ZDF-intern und in der Mainzer Bevölkerung ist der geplante Freizeitspaß, der nicht aus den Rundfunkgebühren finanziert werden darf, allerdings heftig umstritten. Und Stoltes Nachfolger muss sich erst einmal für den Tele-Park begeistern. Die Frage, ob Hortana vielleicht wegen des bevorstehenden Intendantenwechsels den Rückzug angetreten habe, wehrt Orgler heftig ab. Er sei in dem Interview falsch interpretiert worden; es sei "komplett missraten". Der Interviewer und Chefredakteur des "Mainzer", Walter Schmittdiel, bestätigt hingegen die Authentizität des Gesprächs: "Orgler hat jedes Wort bewusst so gesagt, wie es im Text steht. Er wollte das ZDF unter Druck setzen." Offensichtlich ohne Erfolg. Und der Sender vermittelt nach dem Investor-Verlust den Eindruck, dass er darüber nicht gerade verzweifelt ist. "Wir hätten es natürlich gerne anders gehabt, aber wir sind bereits mit neuen Investoren im Gespräch", sagt Kehr. Am geplanten Baubeginn wolle man festhalten.

Der lachende Dritte dieser Trennung ist die Bürgerinitiative, die sich nach Kräften gegen den Medienpark wehrt. Friedrich Begemann, Sprecher der Initiative, überrascht das Scheitern der Zusammenarbeit der MPEG und Hortana nicht. "Die Vereinbarungen erschienen uns von Anfang an zu undurchsichtig", sagt er. "Aber alles was die Realisierung des Medienparks verzögert, ist uns recht." Und was für Hortana womöglich den Ausschlag zum Rückzug gab, ist für Begemann Anlass zur Hoffnung: der Intendantenwechsel. "Der Medienpark ist doch Stoltes Baby, und wer weiß, ob sein Nachfolger bereit ist, es zu adoptieren."

Jutta Heess

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