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Medien: „Zeit zum Leben“: Ein ZDF-Drama über Sterbehilfe

Was tut man, wenn die eigenen Eltern beschlossen haben, gemeinsam ihrem Leben ein Ende zu setzen? Annabelle (Maja Maranow), die nach Jahren im Ausland ihre Eltern besucht, reagiert fassungslos.

Was tut man, wenn die eigenen Eltern beschlossen haben, gemeinsam ihrem Leben ein Ende zu setzen? Annabelle (Maja Maranow), die nach Jahren im Ausland ihre Eltern besucht, reagiert fassungslos. Doch die Entscheidung der beiden steht bereits fest: Denn der Vater (großartig gegen den Stich besetzt: Friedrich von Thun) hat Krebs, der Mutter (mit kraftvoller Alterswürde: Nicole Heesters) droht die Amputation eines Beines. So bleibt Annabelle, ihrem Bruder (Thomas Dannemann) und dessen Frau (mit wenig Profil: Katharina Böhm) nur noch, die Eltern am Tage des selbst gewählten Todes in ein Hotel nach Holland zu einem Sterbehelfer (Dietz-Werner Steck alias Kommissar Bienzle) zu begleiten. Dort, vor dem Eingang zum Hotel, gibt es die einzige Tränenszene in dem sonst erstaunlich unsentimentalen Film – und die ist überwältigend. Das sei ihr beim Anschauen eines eigenen Films noch nie passiert, erzählt Maja Maranow, dass ihr erneut die Tränen gekommen seien. Die 46-Jährige, die eine Meisterin der Blicke und der kleinen Gesten ist, setzt nie auf großen Seelenstriptease. „Der Zuschauer soll Raum haben für eigene Fantasien“, findet sie.

„Zeit zu leben“ ist Maranows vierte Zusammenarbeit mit dem Erfolgsregisseur Matti Geschonneck (zuletzt „Duell in der Nacht“) und die dritte mit der Drehbuchautorin Hannah Hollinger, von der die Bücher zu „Liebe Schwester“ und „Liebe nach dem Tod“ stammen. Dem Team Geschonneck/Hollinger sagen manche Kritiker nach, Experten für ästhetisch veredelte Depression zu sein. Und tatsächlich beginnt das Ganze mit viel elegischer Klaviermusik, um dann aber eine eigene Dynamik zu entwickeln, die weg vom Thema Sterbehilfe führt. Es entsteht eine Art Krimi, in dem es vor allem um Lebenslügen und unerfüllte Liebe geht und um die Beziehung zwischen Vater und Tochter. „Wenn der Tod Einzug hält, stellen sich unweigerlich Fragen über die eigenen Versäumnisse“, sagt Maja Maranow. Der Schauplatz Familie ist bei Geschonneck/Hollinger oft ein wackliges Konstrukt, das inmitten einer Extremsituation vorsichtig seziert wird. Schade, dass diese psychologischen Studien immer im großbürgerlichen Milieu spielen und jede Menge geheime Liebesaffären beinhalten müssen. Simone Schellhammer

„Zeit zu leben“, 20 Uhr 15, ZDF

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