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ZU MEINEM ÄRGER: Treudoofe Trottmasse

Herr Schumacher, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?Neujahrsansprachen gehören zu den durchsichtigsten Inszenierungen politischer PR, was die Medienwelt nicht davon abhält, die zur geflissentlichen Vervielfältigung gedichteten Sätze geflissentlich zu vervielfältigen – Tageszeitungen, Fernsehen und Radio dienen der Kanzlerin als treudoofe Trottmasse.

Herr Schumacher, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?

Neujahrsansprachen gehören zu den durchsichtigsten Inszenierungen politischer PR, was die Medienwelt nicht davon abhält, die zur geflissentlichen Vervielfältigung gedichteten Sätze geflissentlich zu vervielfältigen – Tageszeitungen, Fernsehen und Radio dienen der Kanzlerin als treudoofe Trottmasse. Anstatt regierungsamtliche Hülsen zu verblasen, wäre weitaus erhellender gewesen, den Text der letztjährigen Ansprache noch einmal hervorzuziehen, vor allem den Satz: „Und das ist die Chance, die in dieser Krise steckt, die Chance für internationale Regeln, die sich an den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft orientieren. Ich werde nicht lockerlassen, bis wir solche Regeln erreicht haben.“

Und wie sah dieses „Nicht-Lockerlassen“ in den vergangenen zwölf Monaten wirklich aus, ob national oder international? Eher dürftig. Und warum lassen wir Journalisten genauso locker? Chance zum ersten guten Vorsatz.

Gab es auch etwas, über das Sie sich freuen konnten?

Harald Schmidt hat das Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker moderiert, mit Lang Lang am Klavier und Sir Simon Rattle am Taktstock; drei Meister spielten ihre Rollen maniriert und virtuos und charmant. Statt der verfransten Latenight-Show braucht Schmidt wöchentlich zwei Stunden bester Sendezeit, um Kultur zu vermitteln, Durs Grünbein, Avatar, Jonathan Meese. Etrusker-Gold, egal was. Wenn Günther Jauch der Studienrat der Nation ist, dann ist Schmidt ihr Museumsführer.

Eigentlich darf man „Bild“ ja nicht loben, aber manchmal kommt man nicht daran vorbei. „Schlagzeilen, die wir uns für 2010 wünschen“, hatte sich die Redaktion ausgedacht, darunter tatsächlich Lacher wie: „Sarrazin: Privat trage ich gern Kopftuch“ oder „Rote Haare, Becker-Faust: Baby-Schock für Pocher & Sandy“.

Welche Website können Sie empfehlen?

Der Tablet-Computer, den Apple Ende Januar präsentiert, wird das Leseverhalten weiter ändern. Manche Medienschaffende machen sich dazu schon Gedanken auf http://vimeo.com/8217311. Und natürlich www.spredder.de, eine neue Textbörse, die für Journalisten, Verlage und Redaktionen eine Win-win-Situation schaffen möchte.

Hajo Schumacher ist Herausgeber des

Magazins „V.i.S.d.P“. Auf N 24 moderiert er die Talkshow „Links-Rechts“, für Spiegel Online schreibt er eine

Lauf-Kolumne.

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