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17 Jahre lang hat Katrin Wegener im Schlecker-Drogeriemarkt gearbeitet.

© Mike Wolff

Prozessauftakt gegen Anton Schlecker: Die größte Pleite im Nachkriegsdeutschland

Unanständig findet Katrin Wegener es. Dass Anton Schlecker noch im Luxus lebt - während sie alle neu anfangen mussten. Nun beginnt der Prozess gegen ihren alten Chef. Unser Blendle-Tipp

Von Maris Hubschmid

Ein Gefühl, wie vor einem Toten zu stehen. Es trifft sie unvorbereitet, als sie vor ein paar Monaten hier zufällig vorbeikommt. Die Lamellenvorhänge sind noch immer zugezogen, im Fenster hängt das Plakat mit dem Hinweis „Zu vermieten“, alles ist exakt so, wie sie es zurückgelassen hat. Nichts deutet darauf hin, dass die Räume in der Zwischenzeit auch nur betreten worden wären. Selbst der Schlecker-Schriftzug ist noch da: Jemand hat ihn umgedreht, auf den Kopf gestellt – so sieht das „L“ aus wie ein „r“. Wer flüchtig hinschaut, liest: Schrecker. Dieser Moment habe sie berührt, sagt Katrin Wegener. „Das“, sagt sie, „war einmal mein Leben.“

14.000 Filialen, 50.000 Mitarbeiter, eine gigantische Zentrale

Zuallererst war es das Leben von Anton Schlecker. Der Sohn eines Metzgermeisters, geboren in der Kleinstadt Ehingen in der Nähe von Stuttgart, eröffnet 1975 im Alter von 31 Jahren seinen ersten Drogeriemarkt und formt daraus das größte Drogerieunternehmen Europas. 14.000 Filialen, 50.000 Mitarbeiter, eine gigantische, siebenstöckige Zentrale – der Erfolg bringt seine Familie auf die Liste der reichsten Deutschen und in die entsetzliche Situation, dass 1987 die Kinder Meike und Lars entführt werden. Die Sache geht gut aus, die Jugendlichen können sich befreien, doch der Patriarch scheut die Öffentlichkeit anschließend noch mehr als ohnehin.

Sie hätten es ahnen können

An diesem Montag wird er die volle Aufmerksamkeit bekommen. Dann wird am Landgericht Stuttgart der Prozess gegen ihn eröffnet. Dem 72-Jährigen wird vorgeworfen, heimlich Geld auf Privatkonten seiner Familie verschoben und sein Unternehmen vorsätzlich in den Bankrott gesteuert zu haben. Fünf Jahre sind vergangen, seit Schlecker am 23. Januar 2012 Insolvenz anmeldete. Für viele Beschäftigte völlig überraschend, die es, wie Katrin Wegener, aus dem Fernsehen erfuhren, für einen schlechten Witz hielten: „Da wären wir doch informiert worden?“

Katrin Wegener ist 23 Jahre alt, als sie bei der Drogeriekette anfängt. Eigentlich hatte sie Lehrerin werden wollen, „für untere Klassen“, doch nach der Wende wird ihr DDR-Abschluss nicht anerkannt, sie will einen neuen machen, rasselt dreimal durch die Englischprüfung. „Da kam ich nach Hause und habe zu meiner Mutter gesagt: Jetzt habe ich nichts mehr.“ Die Mutter sagt: „Wir fragen mal die Kerstin, die ist doch bei Schlecker.“ Vielleicht kannst du da aushelfen.

 In jeder Filiale hing ein gerahmtes Bild von Anton Schlecker.
Abgehängt. In jeder Filiale hing ein gerahmtes Bild von Anton Schlecker.

© Jahel Mielke

17 Jahre ist sie geblieben – bis zum letzten Tag. Sie war eine von denen, die den Schlüssel umdrehten, am 29. Juni 2012. „Wir haben alles, was noch da war, fein säuberlich in Kisten gepackt und beschriftet“, erinnert sie sich. Dazu angehalten hat sie keiner. Aber Wegener, zu dem Zeitpunkt schon seit Jahren Filialleiterin, möchte die Räume ordentlich hinterlassen. Das Chaos in uns drin, sagt sie, war schon groß genug.

Hätte sie es ahnen können? Katrin Wegener, groß, blond gesträhnter Pferdeschwanz und Pony, sagt: natürlich. Spätestens, als die Pampers ausblieben, angeblich wegen Lieferschwierigkeiten, aber zu Rossmann und dm, da kamen sie noch...

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